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Wirtschaft: Bin-Laden-Video verunsichert Börse nur kurz

Zum Jahrestag der Terroranschläge in New York und Washington lassen sich die Märkte kaum noch beeindrucken

Berlin (dr/lan). Die Terroranschläge auf das World Trade Center in New York im Jahr 2001 haben den 11. September für die Börsianer zu einem Jahrestag der Unsicherheit gemacht. An diesem Tag vor zwei Jahren war der DowJones-Index, das Börsenbarometer der Wall Street, um gut sieben Prozent auf 8920 Punkte eingebrochen. Der Deutsche Aktienindex (Dax) verlor in Frankfurt (Main) 8,5 Prozent auf 4273 Zähler. Ein Jahr später war es schon nicht mehr ganz so schlimm, aber auch nicht gut: Der Dow Jones sank um 2,3 Prozent auf 8379 Punkte und der Dax fiel um 4,5 Prozent auf 3421 Zähler.

In diesem Jahr gingen Investoren und Händler den Jahrestag der Attentate etwas gelassener an - aus dem Gedächtnis gestrichen war er allerdings noch lange nicht. Denn auch Börsianer brauchen Daten, an denen sie sich festhalten können. „Menschen haben das Bestreben, aus einmal gemachten Erfahrungen zu lernen und somit für die Zukunft besser gerüstet zu sein“, sagt Joachim Goldberg, Geschäftsführer von Cognitrend, Gesellschaft für verhaltensorientierte Kapitalmarktanalyse. „Deshalb hatten natürlich alle die Attentate vom 11. September im Hinterkopf.“

Leichte Kursverluste im Vorfeld

Al Qaida nutzt dies. Pünktlich zum Jahrestag sendete der arabische Fernsehsender Al Dschasira am Mittwoch ein Videoband, auf dem erstmals seit zwei Jahren wieder Bilder von Osama bin Laden zu sehen waren. Die richtige Einstimmung für die Börsianer?

Das Bin-Laden-Video hatte in Amerika noch am Abend zu einem leichten Kursrückgang geführt. Und natürlich war das Videoband am Donnerstagmorgen auch am Frankfurter Börsenplatz das beherrschende Gesprächsthema. „Das Video war ein Grund, dass die Börse in Frankfurt schwach begonnen hat“, sagt Katja Dofel, die vom Parkett für den Nachrichtensender N-TV moderiert. „Speziell noch mal an die Attentate hat die Bombendrohung am Morgen bei der Internationalen Automobilausstellung erinnert“, so Dofel. „Das hat alle hellhörig werden lassen. Die Erinnerung an den 11. September wurde mit der Drohung sicher bei allen präsenter, als sie es sonst gewesen wäre.“

Diese beiden Ereignisse gaben die Börsianer dann auch als Erklärung für die nachgebenden Kurse an. „Aber dass der Donnerstag ein schwacher Tag ist, ist vielmehr auf die allgemeine Marktentwicklung zurückzuführen, nicht auf den 11. September“, sagt Dofel.

„Nach einer Verunsicherung zu Beginn des Tages ging alles wieder schnell zur Tagesordnung über“, sagt Fidel Helmer, Leiter des Aktienhandels bei der Privatbank Hauck & Aufhäuser. Bereits ab zehn Uhr begann das Kursbarometer zu steigen, gegen elf Uhr notierte der Dax erstmals wieder im Plus. „Irgendwann meinten die Marktteilnehmer, dass die Verluste übertrieben waren, und sind wieder eingestiegen“, hieß es bei Händlern. Ähnlich äußerte sich ein anderer Marktteilnehmer: „Die 3500 Punkte haben gehalten und das hat Deckungskäufe ausgelöst.“

Und dann redeten die anwesenden Börsianer lieber über Autos, schließlich findet die Internationale Automobilausstellung IAA gleich um die Ecke statt. Und optimistische Aussagen des Automobilverbandes VDA trieben zunächst Automobilwerte an die Spitze des Kurszettels. Auch das Fußballspiel vom vergangenen Abend wurde analysiert. Die Frage, ob das Abschneiden der Deutschen Mannschaft in den Gesprächen mehr Raum eingenommen hat als die Erinnerung an den 11. September, beantwortete Ingo Kreisinger von der Baader Wertpapierhandelsbank lachend mit einem „Ja, eigentlich schon“. Der Donnerstag sei halt letztendlich ein Tag wie jeder andere, so der Banker.

Die Kurse wurden derweil von Anderen bestimmt. Schließlich werden nur noch etwa fünf Prozent aller Aktiengeschäfte in Frankfurt direkt von dem knappen Dutzend Händler im Börsensaal abgewickelt. Der Rest des Geschäfts läuft über das Computersystem Xetra. Die Händler sitzen in ihren Büros in den Banken vor dem Computerbildschirm. Bei ihnen laufen die weltweiten Informationen und Einschätzungen zusammen.

Auch die Einschätzung von Joachim Goldberg. Der betrachtet die Kursentwicklung lieber unter anderen Gesichtspunkten. „Natürlich hatten sich einige im Vorfeld des 11. September abgesichert“, sagt er. „Immerhin gingen die Kurse ja bereits am Mittwoch etwas runter. Aber die Marktteilnehmer wünschen sich geradezu einen Markteinbruch, um dann einzusteigen“, sagt er. Viele ständen doch noch am Rande, und würden nur auf günstige Kaufkurse warten. Wenn das geschehe und die Kurse entsprechend gestiegen seien, dann müsse man allerdings die Frage nach übertrieben Notierungen stellen.

Diese gelassene Einschätzung teilten offenbar die meisten Marktteilnehmer. Gegen 16 Uhr notierte der Dax bei 3 556,53 Punkten ein Plus von 0,56 Prozent.

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