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Biolebensmittel: Basis gegen Basic

Die Biokette Basic wollte mit Lidl ganz groß werden. Doch das Projekt ist gescheitert - an den eigenen Kunden. Die kaufen ihre Bioprodukte kaum bei einem Discounter, der im Ruf steht Preise zu drücken und Betriebsräte zu verhindern.

München - Seltsam eigentlich: Biolebensmittel sind in Deutschland so beliebt, dass heimische Erzeuger mit ihrem Angebot nicht mehr nachkommen und immer mehr Ware aus dem Ausland importiert werden muss. Das müsste eigentlich auch bei Deutschlands zweitgrößter Biosupermarktkette Basic für reißenden Absatz und gute Stimmung sorgen. Doch das Gegenteil ist der Fall. „Wir bauen von 850 auf 780 Stellen ab und führen mit unseren Lieferanten Gespräche über verlängerte Zahlungsziele“, kündigte Basic-Chef Josef Spanrunft in dieser Woche an. Die Umsatzziele habe man 2007 verfehlt und müsse nun die Kosten senken. Die große Party zum zehnjährigen Jubiläum des Naturkosthändlers muss wohl ausfallen.

Vor einem Jahr war die Stimmung noch deutlich besser. Basic mit seinen bundesweit 26 Filialen hatte ehrgeizige Wachstumspläne. 25 bis 50 neue Biosupermärkte sollten pro Jahr in Deutschland eröffnet werden. Als neuen Großaktionär hatten die Biohändler die Schwarz-Gruppe gewonnen, die unbemerkt von der Öffentlichkeit bereits 23 Prozent der Anteile gekauft hatte und sogar ein Übernahmeangebot vorbereitete.

Vielleicht hätten die Biopioniere besser ihre Kunden gefragt. Denn zur Schwarz-Gruppe gehört der Discounter Lidl. Er steht im Ruf, Betriebsratsgründungen zu verhindern und die Preise der Zulieferer zu drücken, um noch billiger zu sein als die Konkurrenz – und verkörpert so das Gegenteil der Biophilosophie.

Was folgte, war ein Boykott von Lieferanten und Kunden, die sich verraten fühlten. Unter dem Druck der Öffentlichkeit zog sich Lidl zurück, verkaufte seine Anteile an die Schweizer Asi Nature Holding. Und auch bei Basic hatte der Käuferstreik Konsequenzen: Finanzvorstand und Mitbegründer Johann Priemeier, der den Schwarz-Deal eingefädelt hatte, musste gehen. Der Manager, der selbst noch 22 Prozent an Basic hält, erhielt nicht nur Hausverbot im eigenen Unternehmen, sondern auch eine Schadenersatzklage des Unternehmens. Erst vor wenigen Tagen wurde der Streit beigelegt.

Den Kundenstreik hat das Unternehmen dagegen nicht so schnell beenden können. Das Vertrauen ist dahin, mit sichtbaren Folgen. Zusätzlich zum Stellenabbau und den Stundungsgesprächen mit Lieferanten wolle Basic die Filialgröße künftig von heute maximal 1300 auf noch höchstens 800 Quadratmeter beschränken und das Sortiment entsprechend anpassen, kündigte Spanrunft an. Auf neue Filialen will die Biokette in diesem Jahr ganz verzichten. Erst ab dem kommenden Jahr sollen wieder zwei bis fünf neue Biosupermärkte pro Jahr eröffnet werden. Als Lidl noch an Bord war, sollten es noch zehnmal so viele werden.

Basic-Chef Spanrunft hält das aber nicht für ein Basic-, sondern für ein Branchenproblem. Zwar seien die Umsätze im eigenen Unternehmen – 91 Millionen Euro im vergangenen Jahr – unter Plan geblieben. Allerdings, so der Ökomanager, sei die gesamte Branche von Umsatzrückgang betroffen, weil die Kunden wegen der durchschnittlich um fünf Prozent gestiegenen Preise für Bioware zunehmend die Geschäfte mieden. Die Branche sieht das anders. Es sei zwar richtig, dass Discounter, die auch Bioware im Sortiment hätten, höheres Wachstum erzielten als die reinen Biosupermärkte, sagt ein Sprecher des Bundes für Ökologische Lebensmittelwirtschaft. Auch Biosupermärkte würden aber anhaltend zweistelliges Wachstum melden. Von Rückgängen im Fachhandel habe man nichts gehört. 5,3 Milliarden Euro setzte die Branche im vergangenen Jahr insgesamt um – rund 15 Prozent mehr als im Vorjahr.

Das Ifo-Institut erwartet für Biolebensmittel hierzulande 2008 einen neuen Schub von rund 20 Prozent. Wie Wachstum funktioniert, macht Basic-Konkurrent Alnatura vor. Acht bis zehn neue Filialen eröffnet der deutsche Marktführer pro Jahr. Völlig offen ist, ob Basic den Anschluss jemals wieder schafft. „Bio ist ein Vertrauensmarkt“, sagt ein Branchenexperte. Mit dem Schwarz-Debakel habe Basic viel Vertrauen verloren und bekomme das nicht über Nacht zurück.

Ob Basic rote Zahlen schreibt, will Unternehmenschef Spanrunft noch nicht verraten. Das werde man zuerst den Aktionären zur Hauptversammlung Ende Juli mitteilen. „Wir konsolidieren und stellen alles auf den Prüfstand, um in Zukunft wieder aus eigener Kraft wachsen zu können“, sagt er. Von einer Pleite sei man weit entfernt, Zahlungen an Lieferanten würden voll geleistet.

Basic habe einen Namen, der über die Krise hinweghelfe, heißt es in der Branche. Darauf könne man aufbauen. „Wir müssen jetzt halt eine Ehrenrunde drehen“, sagt ein Insider. Manchem Sitzenbleiber in der Schule habe das geholfen.

Thomas Magenheim-Hörmann

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