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Wirtschaft: Biosprit ist aus der Mode

Kabinett verschiebt Erhöhung der Beimischungsquoten / Kritik von Industrie und Umweltschützern

Berlin - Die Bundesregierung hat sich endgültig von dem Ziel verabschiedet, dass dem Benzin ab dem Jahr 2010 zehn Prozent Sprit beigemischt werden müssen, die aus Pflanzen gewonnen werden. Auf Initiative von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) beschloss das Kabinett am Mittwoch das „Gesetz zur Änderung der Förderung von Biokraftstoffen“. Demnach wird die Erhöhung des vorgeschriebenen Beimischungsanteils von Biosprit auf 6,25 Prozent um ein Jahr auf 2010 verschoben und auf dem Niveau bis 2014 eingefroren. 2009 soll er 5,25 Prozent betragen.

Ursprünglich hatte die Regierung im Rahmen ihres Klimaprogramms das Ziel ausgegeben, den Anteil von Biokraftstoffen bis 2020 auf 20 Prozent auszuweiten. Doch die Kritik am Biosprit wuchs und erreichte im Frühjahr ihren Höhepunkt, als die Preise für Lebensmittel weltweit kräftig anstiegen und in einigen Ländern sogar Hungerrevolten ausbrachen. Dafür wurde auch die Biospritproduktion verantwortlich gemacht – mit dem Argument, dass auf den Flächen, auf denen man diese Pflanzen für Sprit anbaut, keine Lebensmittel wachsen. Zudem würden Regenwälder abgeholzt.

Das neue Gesetz sieht vor, dass die Höhe der Beimischungsqoten 2011 überprüft werden. „Dabei wird insbesondere die Frage der Nachhaltigkeit der Produktion der Biokraftstoffe eine herausgehobene Rolle spielen“, hieß es in einer Mitteilung des Ministeriums. Ziel sei es, Konkurrenz um Anbauflächen für Biosprit und Nahrungsmittel zu vermeiden und den Ausbau der Biokraftstoffe stärker als bisher „auf die effektive Minderung der Treibhausgasemissionen auszurichten“.

Mit dem verlangsamten Ausbau des Biokraftstoffsektors reagiert die Regierung auch auf Proteste der Automobilclubs. Diese hatten erklärt, dass viele Motoren einen Anteil von zehn Prozent Bioethanol im Sprit technisch nicht verkraften würden. Millionen Fahrzeuge müssten nachgerüstet werden. Die Biokraftstoffindustrie kritisiert die Senkung der Quoten, da sie bereits erhebliche Produktionskapazitäten geschaffen, und so einen Marktanteil von 7,6 Prozent am deutschen Kraftstoffmarkt erreicht habe. „Ohne Not wird hier ein bestehendes Gesetz geändert und das Vertrauen der Industrie in die Politik ein weiteres Mal belastet“, sagte Johannes Lackmann vom Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB). Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sagte dagegen, das Gesetz ginge nicht weit genug. „Wichtig ist aber, dass man regelmäßig die umfassende Klimabilanz von Biokraftstoffen überprüft und dann neu entschieden wird“, sagte Agrarexpertin Reinhild Benning. kph

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