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Wirtschaft: Bis Jahresende wird der Großteil des Industrieriesen verkauft

Daewoo bedeutet auf koreanisch Universum. Doch die Zeiten, in denen Korea stolz auf dieses ständig wachsende Industrie-Konglomerat (Chaebol) blickte, sind endgültig vorbei: Am Montag haben die Gläubigerbanken die Daewoo-Gruppe zerschlagen - und damit den koreanische Sonderweg zum Industriestaat beendet.

Daewoo bedeutet auf koreanisch Universum. Doch die Zeiten, in denen Korea stolz auf dieses ständig wachsende Industrie-Konglomerat (Chaebol) blickte, sind endgültig vorbei: Am Montag haben die Gläubigerbanken die Daewoo-Gruppe zerschlagen - und damit den koreanische Sonderweg zum Industriestaat beendet.

Nach hartem Ringen ist es den wichtigsten Geldgebern gelungen, die Konzernführung zu einem harten Re- strukturierungsprogramm zu zwingen. Bisher hatte Kim Woo Choong, der Chef dieses nach Hyundai zweitgrößten koreanischen Konzerns, einen Kurswechsel immer wieder verhindern können, wie ihn die koreanische Regierung schon länger fordert. Statt dessen hatte Kim das überdimensionierte Unternehmen weiter wachsen lassen, dessen Aktivitäten - vom Kühlschrankbau über die Telefonherstellung bis zur Autoproduktion - sich wie Krakenarme an der koreanischen Wirtschaft festsaugen. Wie Hyundai und Samsung gehörte die Daewoo-Gruppe zu jenen großen Chaebols, die die koreanische Wirtschaft so labil machen.

Allein im vergangenen Jahr beliefen sich die Schulden der Daewoo-Gruppe, der bisher rund 230 000 Mitarbeiter angehörten, auf 50 Trillionen Won (87 Mrd. DM). Doch nun soll ein Sanierungsprogramm das Unternehmen retten. Dazu hat die Konzernführung ein Abkommen unterzeichnet, in dem steht, dass sie 19 ihrer insgesamt 25 Gesellschaften verkaufen wird. Kern des Plans ist, dass Daewoo sich auf die Automobilproduktion konzentrieren wird.

Nach Angaben der Gläubiger bleiben neben Daewoo Motor auch Teile der Daewoo Telecom sowie der Maschinenbau der Daewoo Heavy Industries erhalten. Die Umstrukturierung soll bis zum Ende des Jahres abgeschlossen sein.

Dass Konzernchef Kim diese Frist einhält, ist eher unwahrscheinlich, zumal er bei der Vertragsunterzeichnung abwesend war. Zudem bleibt unklar, was geschehen wird, wenn General Motors wider Erwarten Daewoo Motors oder Teile davon kaufen sollte. Es gibt noch einen Grund, warum sich Kim etwas mehr Zeit lassen kann: Er weiß genau, dass sich die Regierung den Zusammenbruch diesen namhaften und symbolträchtigen Unternehmens nicht leisten darf - schon gar nicht vor den Parlamentswahlen im April 2000. Denn das Wirtschaftsimperium, zu dem Kim im Jahre 1967 mit einer kleinen Textilfirma den Grundstein gelegt hatte, versinnbildlicht den Aufstieg Koreas aus den Ruinen des Krieges zum elftgrößten Industrieland. Noch Ende vergangenen Jahres hatte die Daewoo-Gruppe 41 Tochtergesellschaften. Doch seit Jahren steckt das Unternehmen tief in Schulden. Jetzt nutzen die Chaebols ein neues Schlupfloch, um an der Börse eifrig Kapital zu schöpfen. Darum machte der Seouler Aktienindex im ersten Halbjahr unerwartete Höhenflüge. Nicht die privaten Anleger, sondern vor allem die Chaebol-eigenen Investmentfonds kauften kräftig ein - und beschafften so Kapital für die hoch verschuldeten Konzerngruppen. Die finanzielle Lage von Daewoo beunruhigt nach wie vor die Analysten. Sie befürchten, dass das marode Unternehmen eine neue Banken- und Schuldenkrise des Landes auslösen könnte, die das aufkeimende Vertrauen wieder zunichte machen würde. Nach Angaben der Börsenaufsicht haben ausländische Investoren seit Mitte Juli am Seouler Aktienmarkt bereits Anteilsscheine im Wert von 1,5 Mrd. Dollar abgestoßen.

Bleibt die Frage, wer die maroden Unternehmsteile kaufen soll. Immerhin hat die Führung mit den 13 größten koreanischen Gläubigerbanken nun ein Abkommen geschlossen, das eine rasche Verwertung der bereits Ende Juni erhaltenen Pfand- rechte vorsieht, falls die Sanierungsarbeiten in den kommenden Monaten nicht vorankommen sollten; Stichtage für die Beurteilung der Situation sind der 15. Oktober 1999 und der 15. Januar 2000. Außerdem hat die staatliche Überwachungsbehörde den ausländischen Banken eine faire Behandlung zugesichert. Wie die Behörde dieses Versprechen einlösen will, ist allerdings unklar. Schließlich hatten die Koreaner schon Ende Juni einigen Kapitalgebern vor den Kopf gestoßen, die sich nicht zu der kleinen Runde eingeladen hatten, in der einseitige Pfandrechte gewährt wurden. Und wenn die Regierung - wie angekündigt - weitere Chaebols zerstückeln will, dann stellt sich die Frage, wo und von wem ein Trennstrich gezogen werden soll. Schließlich gibt es zahlreiche Chaebols in Südkorea, auch wenn meistens nur von Daewoo, Hyundai, Samsung und Lucky Goldstar die Rede ist.

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