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Wirtschaft: Bis zu 9,5 Milliarden vom Steuerzahler

Privatisierung des mitteldeutschen Olefinverbundes an Dow Chemical ist unter Dach und FachVON EBERHARD LÖBLICH, HALLEMit heller Freude sah Günter Himstedt, Präsident der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) dieser Tage die Kontoauszüge der Treuhandnachfolgeanstalt an.Pünktlich zum 1.

Privatisierung des mitteldeutschen Olefinverbundes an Dow Chemical ist unter Dach und FachVON EBERHARD LÖBLICH, HALLE

Mit heller Freude sah Günter Himstedt, Präsident der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) dieser Tage die Kontoauszüge der Treuhandnachfolgeanstalt an.Pünktlich zum 1.September waren 300 Mill.DM eingegangen, der Kaufpreis für den mitteldeutschen Olefinverbund mit den Unternehmen Buna GmbH, Sächsische Olefinwerke Böhlen und Leuna Olefin GmbH (BSL).Damit wurde der Privatisierungsvertrag zwischen der BvS und dem US-Chemiekonzern Dow Chemical rechtskräftig.Dow, das die Geschäfte bei BSL schon seit dem 1.Juni 1995 in unternehmerischer Verantwortung führt, hält damit nun 80 Prozent der Anteile an BSL; 20 Prozent verbleiben bei der BvS.Der Privatisierungsvertrag räumt Dow Chemical jedoch die Option ein, diese Anteile nach Abschluß der bis Juni 2000 befristeten Restrukturierungsphase für 250 Mill.DM zu übernehmen. Zu einem guten Ende gebracht wähnt Himstedt damit die wohl größte Einzelprivatisierung in den neuen Ländern, die in den vergangenen Tagen noch einmal für dicke Negativschlagzeilen gesorgt hatte.Die EU-Kommission moniere verbotene Subventionen in Höhe von 800 Mill.DM bei der Privatisierung und drohe sogar damit, die BvS und die Bundesregierung vor den Europäischen Gerichtshof zu zerren, hieß es.Insbesondere gehe es dabei um von der EU untersagte Subventionierung von Energiekosten des BSL-Verbundes.Dow Chemical drohe sogar, aus dem unterschriftsreifen Privatisierungsvertrag noch auszusteigen, falls Bonn die Subventionen nicht zahle. "Alles Schnee von gestern", sagte Günter Himstedt, als er am Mittwoch in Halle gemeinsam mit Managern von BSL und Dow Chemical Einzelheiten des Privatisierungsvertrages vorstellte."Die bereits 1995 festgeschriebenen Subventionen wurden von der EU-Kommission nur unter Auflage genehmigt", betonte er."Und an diese Auflagen haben wir uns bei der Aushandlung des endgültigen Vertrages strikt gehalten." Daß die EU-Kommission dies von Zeit zu Zeit überprüfe, sei ein ganz normaler Vorgang."Die Mitarbeiter der Kommission hatten freien Zugang zu allen Büchern und allen Mitarbeitern des BSL-Verbundes", sagte Dow-Chemical-Präsident William Stavropoulos.Im übrigen, so ergänzte Dow-Finanzvorstand Pedro Reinhard, gehe es bei der Summe von 800 Mill.DM nicht nur um Energiesubventionen."Darin enthalten ist auch die Errichtung einer neuen Anelinanlage, deren Subventionierung von der EU untersagt worden ist", sagte er."Weil diese Anlage für das Gesamtkonzept von Dow im mitteldeutschen Olefinverbund aber unverzichtbar ist, haben wir diese Investition in Höhe von 250 Mill.DM allein finanziert." Mit dem Kaufpreis, dem Erwerb von Lizenzen und der Sanierung bestehender beziehungsweise der Errichtung neuer Produktionsanlagen habe Dow bereis zwei Mrd.DM in den BSL-Verbund investiert, sagte Stavropoulos.Teuer genug wird diese Privatisierung aber auch für den Steuerzahler.Die BvS habe sich im Privatisierungsvertrag zur Zahlung staatlicher Subventionen bis zu einer Höchstgrenze von 9,5 Mrd.DM verpflichtet, sagte Himstedt.Er glaube aber nicht, daß diese Summe tatsächlich in voller Höhe ausgeschöpft werde.In dem Betrag seien unter anderem die Kosten für die Altlastenbeseitigung sowie die Übernahme von Betriebsverlusten von bis zu 2,5 Mrd.DM durch die BvS enthalten. Von den derzeit noch 3200 Beschäftigten im BSL-Verbund verlieren in den kommenden beiden Jahren noch etwa 800 ihren Arbeitsplatz.Im Privatisierungsvertrag hat sich Dow Chemical zum Erhalt von 2200 Dauerarbeitsplätzen verpflichtet.Er glaube aber, daß die in den Privatisierungsverhandlungen gefundene Formel "3000 plus X Arbeitsplätze" nicht nur erreicht, sondern überschritten werde, sagte Stavropoulos.Vier internationale Unternehmen hätten bereits verbindliche Absichtserklärungen unterzeichnet, sich im Umfeld von BSL mit eigenen Produktionsstätten niederzulassen.

EBERHARD LÖBLICH[HALLE]

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