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Wirtschaft: BMW spendiert seine besten Köpfe der Konkurrenz

Die Bayerischen Motoren Werke AG - seit langem der Liebling von Yuppies - werden auch bei ihren Konkurrenten immer beliebter: nicht weil sie Autos, sondern weil sie Topmanager produzieren. In der Hoffnung, am Erfolg von BMW etwas teilhaben zu können, werben europäische Autohersteller seit Jahren kontinuierlich Talente des bayerischen Unternehmens ab.

Die Bayerischen Motoren Werke AG - seit langem der Liebling von Yuppies - werden auch bei ihren Konkurrenten immer beliebter: nicht weil sie Autos, sondern weil sie Topmanager produzieren. In der Hoffnung, am Erfolg von BMW etwas teilhaben zu können, werben europäische Autohersteller seit Jahren kontinuierlich Talente des bayerischen Unternehmens ab.

Wenn der frühere BMW-Chef Bernd Pischetsrieder im kommenden Frühjahr an die Spitze von VW rückt, werden drei der größten europäischen Autohersteller von ehemaligen BMW-Managern geleitet. Volkswagen, Opel und die Ford-Luxus-Wagen-Sparte PAG. Die Ex-BMW-Führungskräfte predigen in ihren neuen Untenehmen, dass die Herstellung guter Autos nicht mehr reicht, um erfolgreich zu sein. Alles müsse auf die Schaffung einer Marke ausgerichtet sein.

Doch können die Spitzenmanager dieses sich in München bewährte Rezept auf andere Automobilhersteller übertragen? Und wie wird BMW, der zehntgrößte Autofabrikant der Welt, auf den Brain-Drain reagieren? Es ist kein großes Geheimnis, was BMW-Manager zum Liebling der Personalchefs macht: Ihr Unternehmen scheint nichts falsch machen zu können. Der BMW-Umsatz steigt seit Jahren, und das Unternehmen setzt auf die richtigen Autos. Die Nachfrage nach einem der jüngsten Modelle, dem Geländewagen BMW X5, übersteige in den USA bei weitem das Angebot, heißt es bei Analysten.

Warum ist BMW so erfolgreich? Weil der Autohersteller die Marke in den Mittelpunkt gerückt hat, meinen die meisten Experten. Indem die Bayern sowohl Design, als auch Produktauswahl und Werbung auf die Marke ausgerichtet haben, konnten sie das wohl am klarsten definierte, öffentliche Image in der Autobranche schaffen - den sportlichen Luxus. Doch die Wurzeln für den Erfolg von BMW reichen über die Marke hinaus. Das Glänzen des Autoherstellers hat mit der BMW-Brut zu tun. Die Top-Manager kommen vorwiegend aus Bayern, dem Standort einiger der besten Schulen Deutschlands. In der Regel sind sie auf die angesehene Technische Universität München gegangen.

Markenbewusstsein eingeimpft

Vom ersten Arbeitstag an wird den BMW-Managern die Bedeutung der Marke eingeimpft. Das ist ein Erbe des einstigen BMW-Chefs Eberhard von Kuenheim, der Anfang der 80er Jahre die Vision des "sportlichen Luxus" für BMW entwarf. "Markenmanagement wird in Zukunft die entscheidende Sache in der Automobilindustrie sein und darum gibt es eine hohe Nachfrage nach Leuten aus der BMW-Schule," sagt Carl Peter Forster, früher BMW-Vorstandsmitglied, jetzt Vorstandschef der Adam Opel AG.

BMW ist eine Schule mit einer beeindruckenden Vermittlungsquote. Neben Forster und Pischetsrieder ist Wolfgang Reitzle, Chef der Ford PAG zu nennen, außerdem Ulrich Betz, der die Ford-Luxusmarke Aston Martin leitet. Dazu kommen die beiden früheren BMW-Manager Hans Riedel und Wolfgang Dürheimer, die im Porsche-Vorstand sitzen und Wolfgang Ziebart, der TopManager beim Reifenhersteller Continental AG wurde. Werner Mischke sitzt heute im Vorstand von Audi. Am stärksten hat sich aus der Talentschmiede BMW die Premier Auto Group bedient. Seit Reitzle 1999 die Ford-Sparte 1999 übernahm, hat er mehr als ein Dutzend BMW-Kollegen angeheuert.

Doch die Anwerbung der BMW-Talente könnte für die Autohersteller auch Schattenseiten bekommen. Inzwischen arbeiten so viele frühere BMW-Manager in anderen Autounternehmen, dass alter Groll, der schon bei BMW unter Mitarbeitern herrschte, in den neuen Unternehmen ausgetragen werden könnte. So spekuliert die Presse über Zusammenstöße zwischen Bernd Pischetsrieder und Robert Büchelhofer. Beide haben jahrelang bei BMW gearbeitet und hatten dort ein schlechtes Verhältnis, das erst endete, als Büchelhofer zu VW wechselte.

Außerdem ist längst nicht abgemacht, dass die früheren BMW-Manager in einer anderen Umgebung ebenso produktiv wie in München sind. Zudem kann nicht jeder Autohersteller die gleiche Marken-Identität anstreben. Carl Peter Forster hat das erkannt: Er will Opel neu positionieren - nicht mehr als sportliche und schnelle, sondern als hochwertige und praktische Marke.

Anders als BMW, das sich auf drei Grundmodelle konzentriert, müssen Massenhersteller wie Opel mit seinen fünf Hauptlinien eine breite Palette von Autofahrern ansprechen. Und noch etwas. Die Attraktivität von BMW-Managern klärt noch nicht, warum diese Manager das Unternehmen überhaupt verlassen. Und da muss man nur zurück schauen: Die missglückten Übernahme von Rover. Das Versagen des Unternehmens, die britische Tochter in die Gewinnzone zu bringen, führte zur Entlassung von Pischetsrieder und dem Rücktritt von Reitzle. Nach der Entscheidung, Rover im Frühjahr 2000 zu verkaufen, schieden weitere Mitarbeiter aus, darunter Forster. BMW führt den Talent-Abfluss auf die Lean-Management-Pyramide zurück, wodurch tendenziell junge Menschen auf hohe Arbeitsplätze kommen. Viele Manager wechseln lieber in ein anderes Unternehmen, als für jemanden zu arbeiten, der jünger ist als sie. "Wir ziehen die besten deutschen Universitätsabsolventen an", sagt Michael Ganal, der BMW-Vorstand für Vertrieb und Marketing. "Aber wir haben eine Art Pyramide, so dass man nicht jedem seinen Traumjob geben kann." Falls sich BMW über den Talentabfluss Sorgen machen sollte, zeigt man dies nicht. "Umsatz- und Ertragwachstum nehmen immer stärker zu, selbst ohne diese Leute", sagt ein Manager. Das könnte zwar zutreffen. Doch hinter vielen der meistverkauftesten Autos standen Ex-BMW-Mitarbeiter. Erst in mehreren Jahren dürfte man die ganzen Auswirkungen des Brain-Drain bei BMW absehen.

Scott Miller

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