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Wirtschaft: BMW will Autos in Kaliningrad bauen

KALININGRAD .In Kaliningrad, dem früheren Königsberg, sollen vom Sommer an für den russischen Markt 5er-BMW und Land Rover Defender montiert werden.

KALININGRAD .In Kaliningrad, dem früheren Königsberg, sollen vom Sommer an für den russischen Markt 5er-BMW und Land Rover Defender montiert werden.Vorgesehen ist eine sogenannte "SKD/CKD-Fertigung", bei der als Teilesätze angelieferte Fahrzeuge lediglich eine Endmontage durchlaufen.Die Kapazität der BMW-Filiale soll später 10 000 Fahrzeuge pro Jahr erreichen.Nach Angaben der Firma Avtotor, des Kaliningrader Partners von BMW, sollen zunächst nur 1000 BMW und 200 Landrover pro Jahr gefertigt werden.In drei Jahren möchte man dann einen Ausstoß von 2000 Autos erreichen.BMW plant, in die Fertigung 50 Mill.DM zu investieren.Weitere 75 Mill.sollen in den Aufbau einer Vertriebsgesellschaft fließen, die den Verkauf und die Teileversorgung in Rußland übernehmen wird.

Die Bayern unterhalten solche Fertigungen bereits in zahlreichen asiatischen Ländern.Obwohl die lokale Wertschöpfung dabei sehr gering ist, unterliegen Teilesätze meist deutlich geringeren Zöllen als komplette Fahrzeuge.In Rußland werden solche Autowerke, in denen es weder Lackierstraßen noch Schweißroboter gibt, spöttisch als "Schraubenzieher-Produktion" bezeichnet.Das Gebiet Kaliningrad ist dafür ein besonders günstiger Standort, da die Exklave an der Ostseeküste als Sonderwirtschaftszone zusätzliche Zollvergünstigungen genießt.Dies nutzte bisher nur der koreanische Kia-Konzern.BMWs zukünftiger Partner Avtotor montierte 1998 für Kia dort 1540 Autos.Die einst mit einer Zielvorgabe von 20 000 bis 75 000 Fahrzeugen pro Jahr geplante Produktion kam aber im letzten Jahr wegen der drohenden Pleite von Kia wie auch durch die russische Finanzkrise vorübergehend zum Erliegen.

BMW hat sich bereits seit 1995 nach einem russischen Produktionsstandort umgesehen.Ob sich die Investition der noblen bayerisch-britischen Autoschmiede jetzt noch lohnt, ist aber zweifelhaft.Zwar wächst der Autobestand im dünn motorisierten Rußland jährlich um etwa elf Prozent.Auch sind im Straßenbild der Großstädte Geländewagen und schwere Limousinen ein häufiger Anblick: Der Münchner Konzern schätzt den BMW-Bestand in Rußland auf 120 000 Fahrzeuge.Dabei handelt es sich jedoch vorrangig um gebraucht oder grau importierte Autos.Nur 940 neue BMW fanden 1998 bei den 17 Vertragshändlern Rußlands einen Käufer; Mercedes brachte es auf 1341 Stück.Auch wenn der durch Zölle verursachte Aufpreis von 35 Prozent gegenüber deutschen Listenpreisen durch die Vor-Ort-Montage abgebaut werden kann, riskieren die Bayern, sich nun im harten Krisen-Klima die Nieren zu verkühlen: Bei russischen Konsumenten weckt eine Plakette "Made in Russia" vielleicht patriotische Gefühle, aber nicht Erwartungen an eine hohe Fertigungsqualität.

Zudem sind neue Oberklasse-Fahrzeuge seit dem Rubel-Kollaps im vergangenen Jahr kaum noch absetzbar.Die Montage des Chevrolet Blazer, die bisher einzige russische "Schraubenzieher-Fertigung" eines Autos in der Preisklasse über 40 000 DM, steht still, da zunächst die auf Lager stehenden Autos verkauft werden müssen.1999 sollen deshalb nur bescheidene 700 Stück endmontiert werden.Selbst Opel, Renault, Fiat und Ford haben ihre vor der Krise gefaßten Pläne zur Errichtung großer russischer Montagelinien für Fahrzeuge der unteren Mittelklasse zeitlich deutlich gestreckt oder ganz auf Eis gelegt.

Die Rubel-Abwertung kommt dagegen den einheimischen Herstellern zugute: Kein russisches Serienauto, selbst ein 150-PS-Wolga, kostet gegenwärtig mehr als 11 000 DM.Das Wirtschaftsjournal "Dengi" rechnete im März vor, daß in Rußland deshalb nur Fremdfertigungen äußerst preiswerter Autos Sinn machen: Ideal sind technisch leicht angegraute Modelle wie Skoda Felicia, Renault 19, Fiat Uno oder Daewoo Nexia, die bisher mit Erfolg aus anderen Billiglohnländern importiert werden.

LOTHAR DEEG

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