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Boeing und der Dreamliner: Der Traum vom Siegen

Boeing schlägt Airbus bei den Verkaufszahlen. Doch das Chaos um den Dreamliner verdirbt die Freude.

Am Ende stand es 601 zu 588 für Boeing. Damit hat der amerikanische Flugzeugbauer erstmals seit neun Jahren mehr zivile Großraumflieger verkauft als sein europäischer Rivale Airbus, wie dieser am Donnerstag einräumte. Bei den Bestellungen fiel die Bilanz 2012 noch deutlicher aus: 1203 für Boeing gegen 833 Neueinträge im Orderbuch von Airbus.

Die Konzernzentrale in Chicago hatte allerdings kaum Zeit, diesen fürs Image wertvollen Erfolg zu feiern, denn die Pannenserie ihres Hoffnungsmodells 787 „Dreamliner“ stellt alles in den Schatten. In der Nacht zu Donnerstag hatte die US-Luftsicherheitsbehörde FAA erstmals seit 36 Jahren ein Startverbot für einen gesamten Flugzeugtypen, eben die 787, verhängt. Anlass war die Notlandung des Dreamliners der All Nippon Airways in Japan nur Tage nach einem ähnlichen Zwischenfall in Boston. Schuld waren durchgeschmorte Lithium-Ionen-Akkus zur Stromversorgung an Bord (siehe Beitrag unten).

Binnen Stunden schlossen sich Sicherheitsbehörden in aller Welt dem Verbot der FAA an, so sitzen derzeit viele der gut 50 in Dienst gestellten Maschinen fernab ihrer Heimatbasen fest. Größtes Pech hatte wohl die polnische Fluglinie LOT, die als bisher einzige europäische Airline die ansonsten sehr komfortable und kerosinsparende 787 in ihre Flotte aufgenommen hat. Ihr nunmehr zweiter Dreamliner strandete am Donnerstag nach seinem Premierenflug von Warschau nach Chicago, wo die größte polnische Community in den USA sitzt – und die Boeing Company ihren Verwaltungssitz hat. Da schloss sich der Kreis.

Für Boeing ist es ein Debakel. Nach Jahren der Verzögerung bei der Entwicklung hatte der Konzern Ende 2011 endlich die ersten Dreamliner ausliefern können. Der Rumpf des Modells ist nicht aus Aluminium, sondern aus Verbundstoffen gefertigt, was ihn etwa 20 Prozent leichter und entsprechend spritsparender macht als vergleichbar große Flieger. Mit rund 330 Sitzen und nur zwei Triebwerken ist er deutlich kleiner als die vierstrahligen Jumbos von Boeing (747) oder Airbus (A380), die mehr als 500 Passagiere fassen. Die 787 kann dafür aber auch auf mittelgroßen Flughäfen landen – zugleich aber wegen seiner Sparsamkeit ähnlich lange Strecken zurücklegen. Der Rivale Airbus will mit seinem Modell A350, das Mitte dieses Jahres zum Erstflug abheben soll, in ein ähnliches Segment vorstoßen.

Da man bei Airbus vor einem Jahr mit Haarrissen in den Tragflächen des Riesen A380 und Pannen beim Militärtransporter A400M ähnliche Prügel einstecken musste wie Boeing jetzt, hielt man sich dort am Donnerstag mit Spott zurück. „Ich würde nicht auf die Probleme der Konkurrenz wetten, um den eigenen Erfolg zu sichern“, sagte Airbus-Chef Fabrice Brégier in Toulouse anlässlich der Jahresauftaktpressekonferenz.

Für 2013 gab Brégier 600 verkaufte Flieger als Ziel aus, also einen weniger, als Boeing 2012 absetzte. Das könnte man als Aufforderung verstehen, diesen alten Verkaufszahlenwettstreit endlich zu beenden. Denn wer ihn gewinnt, kann beiden Firmen eigentlich egal sein. Hauptsache, die kleinen aufstrebenden Wettbewerber Embraer (Brasilien), Bombardier (Kanada), Suchoi (Russland) und Comac (China) bleiben bei der Entwicklung ihrer Großraumjets ebenfalls am Boden.

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