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Ausgebrannt. Diese Lithium-Ionen-Batterie löste nach einer Landung in Boston ein Feuer in einem Dreamliner aus.Foto: Reuters

© Reuters

Boeings Pannen-Flieger Dreamliner: Wenn Batterien fliegen

Der Flugheugbauer Boeing ging einen neuen Weg, als der Lithium-Ionen-Akkus als Stromspeicher in seinen neuen Dreamliner einbaute. Dieser Weg scheint falsch gewesen zu sein. Experten warnen davor.

Weniger ist mehr, das gilt besonders in der Luftfahrt. Für die Airlines, die das Geschäft der Flugzeugbauer dirigieren, ist durch das teurere Kerosin der Verbrauch von Flugzeugen in Relation zu den Passagieren das entscheidende Kaufkriterium. So veränderten sich die Pläne Boeings von erst supergroß über superschnell mit der 787, auch Dreamliner genannt, schließlich zu superleicht.

Neben dem großflächigen Einsatz von leichteren Materialien ist die Elektrifizierung ehemals pneumatischer Systeme Teil der Leichtbaustrategie. Das betrifft insbesondere drei Funktionen, die bisher bei Flugzeugen noch nie mit Strom erledigt wurden: die Enteisung der Tragflächen, den Start der Triebwerke und den Betrieb der Klimaanlage. Reichten bisher weitgehend unproblematische Akkus aus Nickel-Metallhydrid an Bord aus, so kommen nun bei der Boeing 787 große Lithium-Ionen-Batterien zum Einsatz. Von den 20 Prozent, die der Dreamliner an Kerosin einsparen soll, sind alleine rund drei Prozent auf diese System zurück zu führen.

Der Einsatz dieses Batterietyps ist aber offenbar problematisch, weshalb die US-Luftsicherheitsbehörde FAA, erstmals seit 36 Jahren ein Startverbot für einen Flugzeugtypen aussprach. Die rund 50 weltweit in Dienst gestellten 787 dürfen derzeit nicht abheben.

Während der Treibstoffbedarf der Triebwerke sank, weil den eigens entwickelten Motoren von Rolls Royce und General Electric keine sogenannte Zapfluft für Klimaanlage und Enteisung entnommen wird, stieg der Strombedarf enorm. Und der wird mit den problematischen Lithium-Ionen-Batterien gedeckt. „Das ist nun mal momentan das Beste, was wir haben“, sagt Luftfahrt-Experte Heinrich Grossbongardt. Kein anderer Energiespeicher böte pro Kilogramm Gewicht eine ähnlich hohe Energiedichte.

Diese Sorte Akkumulatoren haben aber die problematische Eigenschaft, eine größere Brandgefahr zu bergen. Professor Martin Winter von der Uni Münster erklärt, warum: „Die Lithium-Ionen-Batterie arbeitet mit Spannungen, die dreimal so hoch sind wie bei herkömmliche Batterien. Auch das Temperaturmanagement von Lithium-Ionen-Batterien ist ein Problem. „Je größer die Batterie, desto mehr Thermomanagement wird benötigt“, sagt Winter, der auch Sprecher der Projektinitiative Hochleistungslithiumbatterien der Deutschen Forschungsgesellschaft ist.

Noch ist unklar, was bei den beiden Zwischenfällen mit dem Dreamliner konkret passierte. In beiden Fällen wurden von Rauchentwicklung gesprochen. Luftfahrt-Experte Grossbongardt wundert sich über die Probleme: „Es gibt in der 787 eine vierfache Sicherung für die Batterien. Wenn die alle ausfallen, dann könnte es sich nur um Fehler bei der Konstruktion oder in Software handeln.“

Stellt sich die Frage, ob die gesamte Konstruktion der 787 an sich fehlerhaft ist. Lithium-Ionen-Batterien wurden schon öfter in der Luftfahrt eingesetzt. So wird zum Beispiel die Notbeleuchtung beim Airbus A380 über derartige Akkus betrieben. Neu ist aber die Größenordnung. „Lithium-Ionen-Batterien sind ja eine Zusammenschaltung von vielen Zellen. Und da weiß man, irgendwann sollte man aufhören“, sagt Professor Winter. „Daher ist es ungewöhnlich, sie in der Luftfahrt einzusetzen.“ Luftfahrt-Experte Grossbongardt ist aber optimistisch und sieht für den Dreamliner kein systemisches Problem. Dennoch dürfte der Traumvogel nun eine geraume Zeit am Boden stehen bleiben und bei den Ingenieuren die Köpfe rauchen. Interessant sind die Ergebnisse nicht nur für Luftfahrtingenieure. Schließlich werden auch in Elektroautos Lithium-Ionen-Batterien verwendet. Und auch dort wünschen sich die Hersteller keine Brände.

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