zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Börse: Kaum Hoffnung auf Erholung an der Nasdaq

"Es riecht nach Panik", sagt Uri Landesman, der für eine amerikanische Fondsgesellschaft 250 Millionen US-Dollar verwaltet. Die US-Technologiebörse Nasdaq verzeichnet drastische Kursverluste.

"Es riecht nach Panik", sagt Uri Landesman, der für eine amerikanische Fondsgesellschaft 250 Millionen US-Dollar verwaltet. Die US-Technologiebörse Nasdaq verzeichnet drastische Kursverluste. Der Index verlor am Montag 6,3 Prozent auf 1923 Punkte, ein Tiefststand, der seit Ende 1998 nicht mehr erreicht wurde. Vor einem Jahr notierte der Nasdaq Composite noch bei stolzen 5000 Zählern. Prognosen des Chipherstellers Intel hatten die Nasdaq bereits am Freitag in die Tiefe gerissen. Hinzu kam die Aussage von Cisco-Chef John Chambers, dass die konjunkturelle Abkühlung in den USA länger als sechs Monate dauern würde. Die Aktie von Intel sank in den vergangenen zwölf Monaten um rund 40 Prozent, Cisco büßten sogar rund 70 Prozent ein.

Verständlich, dass es da viele technologieverliebte Börsianer in den Fingern kribbelt, zum Telefonhörer zu greifen und Kauforder abzugeben. Irgendwann muss doch die Trendwende kommen. Ist die Zeit jetzt - nach zwölf Monaten Baisse - endlich reif, die gefallen Engel der New Economy zu kaufen? Die Bewertungskennzahlen einiger Aktien aus dem Computer- und Softwaresektor haben sich inzwischen Niveaus genähert, die auch für hartgesottene antizyklische Investoren verlockend sind. Sie liebäugeln zum Beispiel mit National Semiconductor und Unisys. Antizykliker investieren immer dann in Aktien, wenn ihre Kurse ins Bodenlose gestürzt sind und sich weit und breit kein Käufer mehr findet. Eile ist bei dieser Strategie allerdings nicht geboten. Fast immer dauert es eine ganze Weile, bis die Notierungen wieder klettern. Bislang fehlt auch ein deutliches Einstiegssignal: ein panikartiger Ausverkauf von Technologiewerten, ein Tag an dem die Kurse um gut zehn Prozent einbrechen. Ein solcher Kulminationspunkt, der historsich gesehen oft das Ende einer ausgeprägten Baisse kennzeichnet, scheint nun, da die Nasdaq seit dem Top gut 60 Prozent verloren hat und die Stimmung depressiver kaum sein könnte, nicht mehr fern. Neil Wiesman, Aktienexperte bei Chilmark 21st Century Capital, empfiehlt: "Es ist an der Zeit, schon einmal eine Einkaufsliste für Technologieaktien zu schreiben." Wer zu Tiefstkursen shoppen will, sollte sich aber noch in Geduld üben. Schließlich lautet ein alter Wall-Street-Spruch: Wer zur Hochzeit nicht eingeladen war, sollte auch nicht zum Begräbnis kommen. Keiner weiß, was geschieht, nachdem der Nasdaq-Index die charttechnisch wichtige Marke von 2000 Punkten nach unten durchbrochen hat. "Anleger müssen sich mit dem Aktienkauf nicht beeilen", ist Nick Angiletta von Salomon Smith Barney überzeugt. Die Gefahr ist groß, dass der Nasdaq Composite nun auf 1500 Punkte nachgibt. Was Marktbeobachter pessimistisch stimmt, ist die Tatsache, dass trotz des anhaltenden Kursverfalls viele Aktien im historischen Vergleich noch immer teuer sind. Der Grund: Nicht nur die Kurse, auch die Gewinne gehen dramatisch in den Keller und die Hiobsbotschaften reißen nicht ab. Immerhin schrumpftedas Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) an der Nasdaq von 400 auf gut 120. Damit sind die Wachstumswerte aber immer noch teuer: Im langfristigen Durchschnitt seit 1985 betrug das KGV 52. Mit anderen Worten: Bevor die Aktien wieder günstig sind, müssen sie noch tief fallen - oder aber die Gewinne müssen steigen. Danach sieht es aber nicht aus.

Das Gewinnwachstum der Technologietitel fiel von 42 Prozent im dritten Quartal auf nur noch drei Prozent im Schlussquartal, sagt Chuck Hill, Researchchef beim Finanzinformationsdienst First Call/Thomson Financial. Und die Erwartungen der Analysten für Technologiefirmen werden nicht besser. Für das erste Quartal rechnet die Wall Street mit einem Gewinnrückgang um 26 Prozent - gefolgt von einem Rückgang um 23 Prozent im zweiten und von zehn Prozent im dritten Vierteljahr. "Wir investieren dort, wo die schlechten Nachrichten bereits in den Kursen enthalten sind", sagt Morgan Stanley-Stratege Robert J. Pelosky, der vergangene Woche verführt zum Einstig in US-Aktien geblasen hat. So empfiehlt er etwa AT & T. Vorsichtige Anleger schreiben erst mal eine Einkaufsliste und beobachten das Schicksal der Werte an der Börse.

chn, nks

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false