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Wirtschaft: Börse will Anleger zurückgewinnen

Firmen und Aktionärsschützer warnen aber vor zu großen Hoffnungen, dass durch die Reform alles besser wird

Berlin (hej/hop). Die Deutsche Börse schafft bis Ende 2003 den Neuen Markt ab. Statt dessen wird es für alle Werte nur noch zwei Börsensegmente – den „Domestic Standard“ und den „Prime Standard“ – geben. Die endgültige Entscheidung solle Mitte Oktober fallen, sagte Börsensprecher Frank Hartmann. Die Trauer über das Ende des ehemaligen Wachstumssegments hält sich bei vielen Firmen in Grenzen. Auch Aktionärsschützer gehen überwiegend von positiven Folgen aus. Eine schnelle Erholung der Werte am Neuen Markt ist jedoch kaum zu erwarten.

Die Anleger reagierten am Donnerstag freundlich auf die Ankündigungen. Der Auswahlindex am Neuen Markt Nemax 50 legte bis zum Börsenschluss um rund 2,6 Prozent auf 367,18 Punkte zu.

Er sei von dem Schritt der Deutschen Börse nicht überrascht worden, sagte Andreas Eckert, Gründer und Vorstandschef des Berliner Medizintechnikunternehmens Eckert & Ziegler. „Eher wundert es mich, dass die Börse das nicht schon früher gemacht hat.“ Der Neue Markt sei bei Anlegern verbrannt gewesen. Gerade Branchen wie die Biotechnologie bräuchten schnell Geld, um ihre Ideen zu realisieren. Das gebe es aber nur, wenn wieder Vertrauen besteht.

Die großen Fondsgesellschaften sehen keinen Grund für Veränderungen in ihrer Strategie. Die ADIG, Tochter der Commerzbank, begrüßte die Pläne der Börse. Kerstan von Schlotheim, Leiter für deutsche Small und Mid Caps, sagte: „Die Veränderungen dürften sich auf die Fonds der ADIG positiv auswirken.“ Denn die Gesellschaft habe sich auf die „Blue Chips“ am Neuen Markt konzentriert. Ähnlich sieht das die Deutsche-Bank-Tochter DWS. Gut sei an der Neuordnung, dass sie die Börse nun übersichtlicher mache. Außerdem seien die Anforderungen im „Prime Standard“ so hoch, dass die dort notierten Werte auch für ausländische Anleger sehr attraktiv würden, sagte DWS-Sprecher Carsten Böhme.

Bei Aktionärs- und Verbraucherschützern haben die Börsenpläne ein unterschiedliches Echo ausgelöst. Die Neuorganisation sei sinnvoll, sagte der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, Ulrich Hocker. Auch an anderen europäischen Börsen sei eine solche Zweiteilung üblich. Von der Börsenreform werden nach Meinung Hockers vor allem die Qualitätsfirmen profitieren, die derzeit am Neuen Markt gehandelt werden.

Diese würden durch den schlechten Ruf des Börsensegments belastet. „Der Neue Markt muss verschwinden“, meint Aktionärsschützer Hocker. Allerdings fordert die DSW lange Übergangsfristen, um den Investmentfonds die Umstellung auf die neuen Segmente zu erleichtern. „Die Fonds brauchen das ganze nächste Jahr, um ihre Produkte umzubenennen und anzupassen“, sagt Hocker. Auch Volker Pietsch von der Verbraucher-Zentrale Berlin sagt: „Die Vorteile überwiegen.“ Das Vertrauen der Verbraucher in die Börse sei derzeit fundamental erschüttert. Daher seien alle Maßnahmen, die zu einer Beruhigung der Anleger und mehr Transparenz führten, sinnvoll.

Skepsis herrscht dagegen bei der Stiftung Warentest. „Die Neuordnung bringt den Anlegern nicht per se mehr Sicherheit“, sagt Karin Baur von der Zeitschrift „Finanztest“. Denn auch der Neue Markt sei keinesfalls ungeregelt gewesen. Dennoch hätten die Vorschriften Betrügereien nicht verhindert.

Für „Augenwischerei“ hält die Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK) die Börsenreform. Die grundlegenden Probleme seien durch die Neuordnung nicht gelöst, kritisiert SdK-Chef Klaus Schneider. Wesentlich Neues sei bei den Zulassungsanforderungen für das so genannte „Prime Standard“-Segment nicht dabei.

Die deutschen Regionalbörsen werden Frankfurt zunächst nicht folgen. In Düsseldorf hieß es allerdings, die Ideen seien interessant. Eva Klose von der Berliner Wertpapierbörse sagte: „Zu gegebener Zeit werden auch wir den Markt umstrukturieren.“

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