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Wirtschaft: Börsen fürchten höhere Zinsen in Amerika

US-Arbeitsmarkt erholt sich weiter und zwingt Notenbank zum Handeln/Öl kostet mehr als 40 Dollar

Berlin/Frankfurt (Main) (Tsp). Besser als erwartet ausgefallene Arbeitsmarktdaten haben die Kurse an den deutschen Aktienmärkten am Freitag massiv nach unten gedrückt. Binnen Minuten fiel der Dax am frühen Nachmittag um etwa 40 Punkte auf 3855 Zähler. Gegenüber dem Vortagsschluss war dies ein Minus von fast 1,4 Prozent. Bis zum Handelsschluss kletterte der Dax wieder auf 3895,64 Zähler (minus 0,4 Prozent). Der Euro rutschte unter die Marke von 1,20 Dollar. Die USBörsen reagierten uneinheitlich. Der Dow-Jones-Index lag am Abend etwas niedriger als am Vortag. An der Nasdaq stiegen die Kurse leicht.

Das US-Arbeitsministerium teilte am Freitag mit, die Zahl der Beschäftigten außerhalb der Landwirtschaft sei im April um 288000 im Vergleich zum Vormonat gestiegen. Der Beschäftigungszuwachs übertraf damit die Erwartungen deutlich. Volkswirte hatten im Durchschnitt mit einem wesentlich geringeren Anstieg um 178000 gerechnet. Die Arbeitslosenquote ging überraschend auf 5,6 Prozent zurück. Volkswirte hatten hingegen mit einem Verharren der Quote auf dem März-Wert von 5,7 Prozent gerechnet. Es war der zweite deutliche Anstieg der Beschäftigtenzahlen in Folge.

Die überraschend guten Zahlen lösten an der Börse Befürchtungen aus, die amerikanische Notenbank Fed werde die Zinsen nun doch sehr bald erhöhen. Chefvolkswirt Gary Thayer von A.G. Edwards&Sons in St. Louis sagte: „Ich denke, das versetzt die Fed in Alarmbereitschaft. Die Wirtschaft muss nicht mehr so stark stimuliert werden wie vor einem Jahr." Die US-Notenbank Fed hatte den Finanzmärkten bereits am Dienstag ein deutliches Signal für das baldige Ende der derzeitigen Niedrigzins-Phase gesandt.

Der Euro, dessen Referenzkurs die Europäische Zentralbank (EZB) noch bei 1,2073 (Donnerstag 1,2116) Dollar festgelegt hat, verlor ebenfalls binnen Minuten einen Cent und rutschte auf 1,1948 Dollar.

Bereits zuvor hatte sich vor allem der hohe Ölpreis belastend auf die Aktienmärkte ausgewirkt. Zwar äußerte Opec-Präsident Purnomo Yusgiantoro am Freitag in Singapur „Besorgnis“ über den aktuell hohen Ölpreis, stellte zugleich aber klar: „Die Gründe für den Anstieg des Ölpreises liegen außerhalb des Einflussbereichs der Opec.“ Er verwies darauf, dass die Fördermenge derzeit bereits 1,5 bis zwei Millionen Barrel pro Tag über dem offiziellen Limit liege.

Am Freitag kletterte der Ölpreis in London weiter. Ein Barrel der Nordseesorte Brent kostete 37,05 Dollar und damit rund 1,5 Prozent mehr als am Vortag. In den USA stieg der Ölpreis auf ein 13-Jahres-Hoch.Terminkontrakte auf US-Öl stiegen zeitweise auf 40 Dollar, den höchsten Stand seit Oktober 1990. US-Finanzminister John Snow sagte, hohe Ölpreise seien für das Wirtschaftswachstum in den USA und weltweit „nicht hilfreich“.

Nach Einschätzung von Experten werden die Notierungen weiter oben bleiben. Benzin sei derzeit in den USA knapp, und die Reisesaison habe dort noch nicht einmal begonnen, so der Energieexperte des Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Archiv (HWWA), Klaus Matthies. Zudem würden die Rohölmärkte weiterhin von Spannungen im Nahen und Mittleren Osten beeinflusst. Auch die Nachfrage aus China und anderen asiatischen Ländern treibe die Nachfrage in die Höhe. Matthies wies zwar darauf hin, dass die aktuellen Rohölpreise von 37 Dollar je Barrel noch kein historisches Hoch markierten. Sollte der Preis für die Nordseesorte Brent aber weiterhin über 35 Dollar bleiben, könnte es zu Wachstumseinbußen kommen, fürchtet der HWWA-Experte. Matthies verwies auf Berechnungen der Internationalen Energie-Agentur, wonach ein Ölpreisanstieg von zehn Dollar im Jahr zu Wachstumseinbußen von knapp einem halben Prozent führe.

Deutsche Produktion bricht ein

Die Produktion in Deutschland ist bereits im März überraschend eingebrochen. Das produzierende Gewerbe habe saisonbereinigt 2,3 Prozent weniger hergestellt als im Februar, teilte das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) am Freitag in Berlin mit. Die Firmen in der Industrie produzierten den Angaben zufolge im März 1,7 Prozent weniger. Innerhalb dieses Sektors vermeldete das BMWA bei Investitionsgütern ein Produktionsplus von 0,2 Prozent. Hersteller von Konsumgütern hätten einen Produktionsrückgang von 2,0 Prozent verkraften müssen, die Produzenten von Vorleistungsgütern stellten 3,3 Prozent weniger her. Die Bauproduktion brach um 10,2 Prozent ein. Im weniger schwankungsanfälligen Zweimonatsvergleich Februar/März gegen Dezember/Januar ging die Produktion nach Angaben des Ministeriums um 1,1 Prozent zurück.

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