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Wirtschaft: Börsen legen Denkpause ein

Unsicherheiten treten wieder in den Vordergrund/Gewinnmitnahmen drücken die Kurse

Berlin (hop). Nach den fulminanten Gewinnen an den Börsen in den vergangenen Tagen gingen einige Investoren zum Wochenende auf Nummer sicher und verkauften Anteile. Auch sehr gute Zahlen beim USSoftwareproduzenten Microsoft konnten wenig helfen. Analysten gehen jedoch nicht davon aus, dass der Markt schnell wieder einbrechen wird. „Die Umsätze am Freitag waren relativ niedrig, dementsprechend auch der Verkaufsdruck“, sagte Christian Kahler, Aktienstratege der DZ Bank. Doch langfristig blieben die Risiken eines Irak-Kriegs und einer schwächeren Konjunktur.

Der Deutsche Aktienindex Dax verlor bis zum Börsenschluss um 0,28 Prozent auf 3163,67 Punkte. Stabiler blieb der Neue Markt. Der Nemax 50 notierte bei 426,62 Punkten – ein kleines Plus von 0,58 Prozent.

In dieser Woche hatte der Dax jedoch zwischenzeitlich fast 30 Prozent gegenüber der Vorwoche zugelegt. Besonders Technologiewerte waren stark gestiegen. So kletterten die Aktien des Softwarekonzerns SAP innerhalb weniger Tage um rund 80 Prozent. Und die Papiere des Finanzdienstleisters MLP haben am Donnerstag einen neuen Rekord aufgestellt: Einen Anstieg bei einem Dax-30-Wert von rund 40 Prozent in der Spitze an einem einzigen Tag hatte es bisher noch nicht gegeben. Die Zuwächse sind laut Analysten nicht verursacht worden durch eine vollkommen neue – und bessere – Lage bei den Unternehmen, sondern sind vor allem eine Reaktion auf die drastischen Verluste in den vergangenen Wochen. Die Chartechniker des Bankhauses M.M. Warburg kommen in einer aktuellen Analyse der Kursbewegungen zum Schluss, vieles deute „auf Kauf und weiter steigende Kurse hin“.

Auch Kahler von der DZ Bank sieht die Kursabschläge zum Wochenausklang auch nicht als Anzeichen für größere Rückschläge in der kommenden Woche. „Ein Erholungstag ist gut“, sagte er. „Wir sind optimistisch, dass es weiter nach oben geht.“ Die Bewertung der Aktien sei weiterhin fundamental sehr günstig. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis auf Grundlage der für 2003 prognostizierten Unternehmensergebnisse liege bei Dax-Titeln bei durchschnittlich 12,1. Da sei noch Luft nach oben. In den nächsten sechs Monaten könne der Dax daher weiter auf etwa 3500 Punkte steigen.

Allerdings gebe es noch kein einheitliches Bild bei den weiteren Wirtschaftsaussichten. „Zurzeit driften die Unternehmens- und Konjunkturnachrichten auseinander“, sagte Kahler. „Von der Konjunktur droht Gefahr. Bei einer weiteren Abschwächung ist ein erneuter Rückschlag an den Aktienmärkten möglich.“ Und die Unternehmen schätzten die Lage teilweise vollkommen konträr ein. Während zum Beispiel die Erwartungen des Chipherstellers Intel eher negativ seien, seien sie bei dessen Konkurrenten AMD gut. Beim Handyproduzenten Nokia und dem Konkurrenten Ericsson sieht es ähnlich aus.

Zurückhaltend schätzte Wassili Papas, Fondsmanager bei Union Investment, die Entwicklung an den Märkten ein. „Es sind zwar Zwischenrallyes möglich, aber die fundamentale Lage bessert sich nur langsam“, sagte er insbesondere mit Blick auf die verhaltenen Konjunkturaussichten. Deshalb könnten auch die guten Vorgaben von Microsoft nicht helfen. „Die anderen Faktoren werden jetzt wieder als wichtiger angesehen.“

Es gebe viele Unsicherheitsfaktoren, die noch eine Zeit lang schwelen könnten. Zum einen sei dies das weitere Verhalten der US-Verbraucher. Trübe sich die Stimmung weiter ein, drücke das auf die Konjunkturaussichten. Zum anderen seien sowohl in den USA als auch in Europa die Unternehmensinvestitionen noch recht schwach. Eine große Rolle werde darüber hinaus der schwelende Irak-Konflikt spielen, sagte Papas, vor allem wegen der möglichen Folgen für den Ölpreis.

„Ich will nicht hoffen, dass es an den Aktienmärkten wieder auf die alten Tiefs geht“, sagte Papas. Aber wegen der herrschenden Unsicherheit seien zurzeit nur kurzfristige, spekulative Gewinne möglich. „Wir sind alle in Wartestellung.“

Jörg Plutar, einer der Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), ist ebenfalls skeptisch, ob die Börsen vor einem starken Aufschwung stehen. Er könne den Anlegern keinen Mut machen, jetzt wieder voll einzusteigen. „Das Licht am Ende des Tunnels, das wir zurzeit sehen, könnte auch ein entgegenkommender Zug sein.“

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