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Wirtschaft: Börsen sind keine Einbahnstraßen

Wer Aktienfonds besitzt, sollte sie behalten / Für Zukäufe billigere Kurse abwartenVON FRANK WIEBE UND ANDREAS HOFFMANNNun hat es ein bißchen geknallt an der Börse.Die schwindelerregenden Höhen, für die kühl rechnende Analysten keine Begründung mehr finden konnten, waren nicht zu halten.

Wer Aktienfonds besitzt, sollte sie behalten / Für Zukäufe billigere Kurse abwartenVON FRANK WIEBE UND ANDREAS HOFFMANN

Nun hat es ein bißchen geknallt an der Börse.Die schwindelerregenden Höhen, für die kühl rechnende Analysten keine Begründung mehr finden konnten, waren nicht zu halten.Was sollen Fondsanleger in dieser Situation tun? Aussteigen und sich damit gegen weitere Rückschläge sichern? Oder jetzt erst recht einsteigen, wo die Papiere wieder etwas billiger geworden sind? Die Dresdner Bank gibt eine gemischte Antwort darauf.Ihre Anlagestrategen, die Deutschlands größte Vermögensverwaltung per Fonds managen, haben in den vergangenen zwei Wochen Aktien verkauft, und die Mittel im Geldmarkt geparkt. Bei einem Niveau des Deutschen Aktienindex (Dax) von rund 4000 ist nach Meinung des Anlagestrategen Michael Wiatarek die heiße Luft aber zu zwei Dritteln schon heraus: Wer Aktienfonds besitzt, kann sie getrost behalten.Wer neues Geld anlegen will, sollte etwa ein Drittel zurückhalten und abwarten, ob der Dax nicht noch 300 oder 400 Punkte weiter fällt - das sei der Zeitpunkt für einen vollen Einstieg.Dabei sollte der Blick auch über die Grenzen gehen.Die US-Aktien sind allerdings nach Wiatareks Meinung zur Zeit "noch ein Tick zu teuer", neue Chancen sieht er aber in Japan.Rolf Drees von Union Investment blickt einfacher auf die Dinge.Für ihn bringt es in der Regel überhaupt nichts, unbedingt den richtigen Zeitpunkt zum Ein- oder Ausstieg finden zu wollen.Wer im richtigen Moment aussteigen will, tut es oft zu früh und verpaßt dann möglicherweise auch gleich den richtigen Moment zum Einstieg. Fazit also für den Fondsanleger: Abwarten und nichts tun."Gute Ratschläge müssen nicht immer kompliziert sein," sagt Dress.Oder wie es an der Börse heißt: Das meiste Geld wird mit dem Hintern verdient.Die Anleger scheinen das zu wissen.Von hektischen Mittelab- oder zuflüssen spürt die Investmentgesellschaft jedenfalls nichts.Drees verweist auch darauf, daß gerade bei schwankenden Börsen Sparpläne günstig seien: Für die monatliche Rate werden in schwachen Phasen relativ viel Anteile gekauft, in starken Phasen wenige.Dieser Effekt - neudeutsch Cost averaging genannt - mindert den durchschnittlichen Einstandspreis.Aber was macht der Anleger wenn er ein neues Depot aufbauen will? Gerade das Hoch auf den Finanzmärkten in den vergangenen Monaten hatte viele Verbraucher angelockt.Mit Investmentfonds können auch jene, die nicht besonders reich sind, relativ problemlos in Märkten wie Rußland oder Ägypten investieren. Aber Vorsicht: Kein Gewinn ohne Risiko.Dieses Motto darf der Anleger nicht vergessen.Gerade exotische Aktienmärke bergen große Gefahren.Die Angelsachsen sprechen gern von der "Bubble" - der Blase, die sich solange ausdehnt, bis sie platzt.Wenn ein Markt klein ist, werden die Kurse rasch in die Höhe getrieben, sobald ihn internationale Investoren entdecken.Sehen diese Großanleger ein neues Ziel, fallen die Kurse in ein tiefes Loch.Gefahr droht auch von den Immobilienmärkten - nicht nur in den Schwellenländern.Durch Spekulationen und Hoffnungen auf einen wirtschaftlichen Boom ohne Ende steigen die Grundstückspreise immer weiter.In Tokio beispielsweise war ein Flecken Erde von der Größe einer Zeitung ein kleines Vermögen wert.Verschärft wird diese Spekulation noch durch die Politiker, die den Markt künstlich stützen, wenn erste Schwächen sich zeigen.Nur irgendwann lassen sich die Schwächen nicht mehr verdecken, dann platzt die Blase.Mit Folgen.Oftmals haben sich Banken und Versicherungen tief in Grundstücksgeschäften verstrickt, und mit dem Fall der Immobilienbranche purzeln auch die die Wertpapiere der Finanzhäuser.Ein erheblicher Teil des Aktienmarkts liegt dann schnell am Boden. Derartige Spekulationsblasen sind besonders gefährlich, weil sie zum Absturz aus sehr großen Höhen führen können.In gesünderen Märkten ist dagegen selbst ein Crash ein vorübergehendes Ereignis.Hauptsächlich den Schaden haben jene Anleger, die kurz nach dem Fall aussteigen und den Wiederaufstieg verpassen.In den Aktienmärkten der meisten großen Industrieländer kann der Kunde davon ausgehen, daß es zwar kurzfristige Risiken gibt, aber langfristig haben sie kaum Bedeutung.Einzige Ausnahme war in der Vergangenheit Japan.Auf Jahrzehnte betrachtet ist die Aktie sogar sicherer als Rentenpapiere, weil sie besser vor der Geldentwertung schützt.Die Inflation spielt derzeit kaum eine Rolle, das kann sich aber wieder ändern.Es spricht also bei einer langfristigen Geldanlage nichts gegen einen gut gemischten Aktienanteil.Wer allerdings beim jetzigen Kursniveau einsteigt, kann nicht mit großen Gewinnen in Kürze rechnen, die Börse hat einen steilen Anstieg hinter sich. Wie also sieht die vernünftige Anlagestrategie aus? Ein exotischer Fonds darf niemals den Kern einer Vermögensanlage bilden, er eignet sich nur als Beimischung.Einen Osteuropafonds sollte man höchstens einen Anteil von 10 Prozent zugestehen, noch weniger dürfte man einzelnen Länderfonds, wie etwa Thailand, gönnen.Bei Fonds, die in allen Schwellenländern investieren, empfiehlt sich dagegen ein Anteil von 20 bis 30 Prozent.Den Kern der Anlage sollten Fonds bilden, die in Industrieländern investieren und ein gewisser Anteil an Zinspapieren, vielleicht 20 Prozent.Natürlich sind das alles nur Richtwerte, deshalb sollte der Anleger Rat beim Fachmann holen.

FRANK WIEBE, ANDREAS HOFFMANN

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