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Wirtschaft: Börsenaufsicht sucht Fehler im Handelssystem

Die Deutsche Börse muss um ihr Image als zuverlässige Betreiberin effizienter und sicherer Handelssysteme fürchten. Nachdem es am Montag und Dienstag zu gravierenden Störungen im elektronischen Xetra- und Eurex-Handel kam, ist die Deutsche Börse AG um Schadensbegrenzung bemüht.

Die Deutsche Börse muss um ihr Image als zuverlässige Betreiberin effizienter und sicherer Handelssysteme fürchten. Nachdem es am Montag und Dienstag zu gravierenden Störungen im elektronischen Xetra- und Eurex-Handel kam, ist die Deutsche Börse AG um Schadensbegrenzung bemüht. "Unsere Systeme sind sicher", sagte ein Sprecher der Terminbörse Eurex am Mittwoch. "Fehlerhafte Geschäfte kommen am Terminmarkt beinahe regelmäßig vor."

Außergewöhnlich waren allerdings die Folgen des so genannten Mistrades am Dienstag: Der Dax-Future, der zeigt, auf welchen Preis oder Index-Stand die Börse für einen Zeitpunkt in der Zukunft spekuliert, war wegen einer fehlerhaften Ordereingabe kurz nach Beginn des Handels regelrecht abgestürzt und notierte binnen Minuten um rund 800 Punkte tiefer bei 4348 Punkten. Daraufhin gerieten auch die Aktienkurse im Kassa-Markt massiv unter Druck, viele Aktien erreichten ihre Stopp-loss-Kurse und wurden automatisch verkauft. Händler, die Arbitragegeschäfte zwischen Kassa- und Terminmarkt getätigt hatten, blieben auf Positionen sitzen. In der Regel liegt zwischen dem Dax-Future und dem Dax-Index ein Abstand, der so genannte Spread. Dieser Spread vergrößerte sich durch die Fehl-Transaktion schlagartig. Der Future läuft dem Dax immer ein Stück voraus, da ein künftiger Indexstand gehandelt wird.

Am Dienstagabend hatte die Börse einem Antrag statt gegeben, der die Geschäfte, die es unmittelbar nach dem Handelsfehler gegeben hatte, stornierte. Offen bleibt, inwieweit auch Folgeschäfte mit Aktien rückgängig gemacht werden können. "Hier sind viele Anleger fundamental geschädigt worden", sagte Börsensachverständiger Wolfgang Gerke. "Mit der Stornierung bestraft die Börse die Falschen." Gleichwohl gingen Beobachter davon aus, dass der Vorfall mangels eindeutiger Beweise kein juristisches Nachspiel haben wird.

Das hessische Wirtschaftsministerium, das für die Börsenaufsicht in Frankfurt zuständig ist, kündigte am Mittwoch gleichwohl eine "genaue Überprüfung" an. "Sie wird umfassend sein und alle möglichen Fehlerquellen berücksichtigen", sagte Ministeriumssprecher Thomas Uber. Sollte die Technik für die irrtümliche Ordereingabe verantwortlich sein, müsse man über entsprechende Konsequenzen bei der Deutschen Börse AG nachdenken. Dafür gebe es aber bislang noch keine Anhaltspunkte.

Das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel verwies bei der Frage nach Überwachungslücken an die zuständigen Stellen bei der Frankfurter Börse. "Die Handelsüberwachungstelle muss sich nach den Ereignissen etwas einfallen lassen", sagte ein Sprecher. "Die Pannen sind jedenfalls nicht sehr vorteilhaft für die Deutsche Börse." Es müsse nun geklärt werden, ob es sich um einen einmaligen Unfall oder um ein Problem handele, das sich jederzeit wiederholen könne.

Der Terror macht den Markt nervös

"Fehlerhafte Eingaben dieser Art passieren in Frankfurt wohl öfter", glaubt Wolfgang Gerke. Erschreckend seien allerdings die Folgen: "Seit den Terroranschlägen in den USA ist der Markt erschreckend nervös, wenn es zu unerklärlichen Kursabstürzen kommt." Schon seit längerem gibt es deshalb Forderungen, das Eurex-System mit einer automatischen Handelsunterbrechung oder einer Volatilitätsunterbrechung zu versehen, die - wie am Kassa-Markt - bei ungewöhnlichen Kursausschlägen den Handel aussetzt, bis die Ursachen bekannt sind.

Unterdessen gingen die Spekulationen über den Verursacher einer falschen Ordereingabe weiter. Das Gerücht, ein Auszubildender habe das Simulationsprogramm für den Eurex-Computerhandel mit dem richtigen Handelsprogramm verwechselt und Futures unlimitiert verkauft, wurde in Frankfurt als "erfundene Geschichte" bezeichnet. Anzunehmen ist, dass der Fehler einem professionellen Händler einer Bank unterlief. Aber: "Auch da fehlen offenbar die nötigen Sicherheitssysteme", mutmaßte eine Händlerin. Die Simulationssoftware kann - mit einem anderen Passwort - über das gleiche Terminal gestartet werden, auf dem auch reale Transaktionen abgewickelt werden.

Futures-Handel ist ein über Börsen abgewickeltes Termingeschäft. In Deutschland laufen alle diese Geschäfte über die Terminbörse Eurex, die 1996 aus dem Zusammenschluss der Deutschen Terminbörseund der Schweizer Börse hervorging.

mot

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