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Börsengang: Ohne Kurs

Nur eine deutsche Firma wagt im zweiten Quartal den Börsengang, nämlich die Tonkens Agrar AG aus Sachsen-Anhalt. Das Berliner Immobilienunternehmen CMI sagt den Börsengang wieder ab.

Gerrit Tonkens, Landwirt aus dem sachsen-anhaltinischen Sülzetal, hat es geschafft. Der Börsengang seiner Tonkens Agrar AG ist unter Dach und Fach. Am Montagabend wurden die Bücher geschlossen, 232 000 Aktien wurden zum Festpreis von 23,75 Euro verkauft. Dabei war die Nachfrage größer als das Angebot. Gut 5,5 Millionen Euro hat der Börsengang dem Kartoffel- und Zwiebel-Landwirt und seinem Unternehmen gebracht. Am Mittwoch werden die Aktien das erste Mal gelistet.

Andere finden nicht so viel Zuspruch, müssten sich mit weniger als dem geplanten Erlös zufrieden geben, misstrauen den verunsicherten Finanzmärkten und sagen den Börsengang wieder ab. Wie etwa das Berliner Immobilienunternehmen CMI oder die Bilfinger-Berger-Tochter Valemus. Allein seit dem 21. Juni hat der Dax rund 300 Punkte verloren. Möglicherweise wird doch nichts aus den 15 bis 20 Börsengängen in Deutschland, die Julie Teigland, Expertin der Beratungsfirma Ernst & Young, für möglich hält.

CMI hatte am Montagabend das Handtuch geworfen, nachdem klar war, dass die geplanten gut 81 Millionen Euro mit dem Verkauf von Papieren des spanischen Großaktionärs nicht zusammenkommen würden. Möglicherweise startet das Unternehmen zu einem späteren Zeitpunkt einen weiteren Anlauf. Am Montag hatte auch der Baukonzern Bilfinger- Berger den Börsengang von Valemus vorerst abgeblasen. Die Preisvorstellungen seien derzeit nicht durchzusetzen. Unter Wert wolle man aber nicht verkaufen.

Jetzt richten sich die Augen auf das Kölner Werbeunternehmen Ströer. Seit Montag trommelt Vorstandschef Udo Müller für den Börsengang. Bis zu 412 Millionen Euro will das Unternehmen einsammeln. Es wäre der drittgrößte Börsengang in diesem Jahr. Wenn nicht doch noch ein Rückzieher kommt. Am 15. Juli sollen die Papiere zum ersten Mal gehandelt werden.

Das zweite Quartal war mit Blick auf Börsengänge bereits eine Enttäuschung, wie Ernst & Young am Dienstag in einer Analyse des deutschen Marktes feststellte. Nur die Deutsche Rohstoff AG wagte den Gang auf das Börsenparkett. Dabei war die Hoffnung Ende März noch groß, als mit Kabel Deutschland, dem Chemikalienhändler Brenntag, Tom Tailor und dem chinesischen Sanitär-Hersteller Joyou gleich vier Firmen neu an die Börse gekommen waren. Der Börsengang von Kabel Deutschland sei zunächst der erhoffte Türöffner gewesen, aber dann hätten die Turbulenzen an den Finanzmärkten dafür gesorgt, dass sich das Fenster für Börsengänge relativ schnell wieder geschlossen habe, heißt es bei Ernst & Young.

„Die Rahmenbedingungen für Börsengänge bleiben schwierig. Die Furcht vor Problemen mit griechischen Staatsanleihen und möglicherweise auch mit Spanien drückt auf die Stimmung“, sagt Teigland von Ernst & Young. Und trotzdem ist sie zuversichtlich, dass Börsengänge auch in Deutschland und nicht nur wie derzeit in China wieder zahlreicher werden. „Die Pipeline für Börsengänge auch in Deutschland ist voll.“ Da gehe es nicht um kleine Firmen, sondern um ein Volumen von jeweils mehreren hundert Millionen Euro, sagt Teigland. Trotzdem müssen sich die Firmen umstellen. Investmentbankern zufolge werden die Zeitfenster, in denen ein Börsengang passt, kleiner. Von früheren Zeiten hat sich Deutschland weit entfernt. Im Jahr 2000 gab es hierzulande 147 Börsengänge, 2006 noch 35. Im vergangenen Jahr war es gerade mal einer, der Online-Broker Flatex.

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