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Wirtschaft: Börsenpsychologe erhält Wirtschafts-Nobelpreis

Der aus Israel stammende Daniel Kahneman hat das Anlegerverhalten untersucht. Sein Kollege Vernon Smith ging dafür ins Labor.

Düsseldorf (dc/tmo/HB). Der Nobelpreis für Wirtschaft geht auch in diesem Jahr wieder in die USA. Preisträger sind Daniel Kahneman (68) und Vernon L. Smith (75). Das teilte die Akademie der Wissenschaft in Stockholm am Mittwoch mit.

Wer sich bei der akuten Vielzahl weltwirtschaftlicher Krisenzeichen vom Ökonomie-Nobelpreis klare Orientierungsmarken für die Wirtschaftspolitik erhofft hatte, wird enttäuscht: Das Werk von Daniel Kahneman und Vernon Smith enthält kein makroökonomisches Rezept. Im Gegenteil: Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, das typisierende Menschenbild vom „Homo Oeconomicus“, dem stets rational abwägenden Eigennutz-Maximierer, anzukratzen – und damit ein Fundament der geläufigen Wirtschaftswissenschaft.

Vernon Smith und Daniel Kahneman sowie dessen 1996 verstorbener Wegbegleiter Amos Tversky haben die so genannten „Behavioral Economics" begründet. Diese Strömung versucht, die ökonomische Theorie um Erkenntnisse der Psychologie zu erweitern.

„Die herkömmliche ökonomische Theorie beruht einseitig auf rationalem Urteilsvermögen", erklärt Vernon Smith. Unbewusste Prozesse oder Einflüsse gesellschaftlicher Normen auf Entscheidungen blende diese Theorie dagegen aus. Smith ist damit kein Phantast – er lehrt und forscht an der George Mason University, Virginia, die schon Wirkungsstätte renommierter Ökonomen wie James M. Buchanan und Gordon Tullock war. Kahnemann ist Professor an der Princeton University, New Jersey.

Ausgangspunkt für Kahneman und Tversky war die Erkenntnis, dass menschliches Verhalten sehr oft strengen Rationalitätskriterien zu widersprechen scheint.

In experimentellen Untersuchungen fanden Kahneman und Tversky neue, psychologisch fundierte Erklärungen. Ein berühmter Nachweis dafür, wie scheinbar irrational Entscheidungen unter unsicheren Bedingungen zu Stande kommen, lieferte ihr Glücksrad-Test: Probanden ermittelten eine Glücks-Zahl und wurden anschließend gefragt, wie viele afrikanische Staaten Mitglied der Uno seien. Das bemerkenswerte Ergebnis: Wer eine hohe Zahl gezogen hatte, tippt auch auf mehr Mitgliedstaaten. Allerdings lässt sich durchaus ökonomisch-rational erklären, warum die Menschen solche „Anker-Strategien“ nutzen. Smith: Wer schnelle Urteile treffen will, muss mit der knappen Ressource Aufmerksamkeit sparsam umgehen. Also hält man sich an Fingerzeige, die bisweilen nur scheinbar sinnvoll sind.

Wenn das Werk von Kahneman, Tversky und Smith einen Hinweis zur Lage der Weltwirtschaft geben kann, dann vielleicht diesen: Sehr wahrscheinlich zeichnet das akute Kursdrama an den Börsen ein Bild, das negativer ist, als es sich bei streng-rationaler Analyse der fundamentalen Fakten ergäbe.

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