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Wirtschaft: Bonn wirbt im Kvaerner-Beihilfefall für Kompromiß

BRÜSSEL (mbe/HB).Wer erwartet hatte, daß Alfred Tacke bei seinem Antrittsbesuch in Brüssel auf Konfrontationskurs gehen würde, wurde am Montag eines Besseren belehrt.

BRÜSSEL (mbe/HB).Wer erwartet hatte, daß Alfred Tacke bei seinem Antrittsbesuch in Brüssel auf Konfrontationskurs gehen würde, wurde am Montag eines Besseren belehrt.Er habe "großes Verständnis" für das Vorgehen von Wettbewerbskommissar Karel Van Miert, betonte der neue Bonner Wirtschafts-Staatssekretär nach einer Sitzung des EU-Ministerrats.Die eigenmächtige Erhöhung der Schiffsfertigung durch den Kvaerner-Konzern in Warnemünde sei "nicht hinnehmbar.Dieser Vorgang wird sich nicht wiederholen", versicherte Tacke.

Wie mehrfach berichtet, beabsichtigt die Kommission, ein Beihilfeverfahren gegen die Bundesregierung einzuleiten.Grund dafür ist die von Kvaerner selbst eingeräumte Erhöhung von der EU genehmigter Obergrenzen für den Schiffbau in diesem und im kommenden Jahr um rund 20 000 t cgt.(compensated gross tons).Van Miert hatte auf deutschen Wunsch das Verfahren ausgesetzt, um der neuen Regierung die Möglichkeit zu geben, ihren Standpunkt im Ministerrat darzulegen.

Wie Diplomaten berichteten, unterstützte eine Mehrheit der EU-Industrieminister den Kurs Van Mierts.Dessen Sprecher bekräftigte nach der Sitzung, die Kommission werde am 11.das Verfahren eröffnen.Allerdings sei Van Miert bereit, sich bei einem weiteren Treffen Anfang kommender Woche "neue Argumente" des Bundeswirtschaftsministeriums anzuhören.

Tacke wollte sich zwar über die Einzelheiten der von Bonn anzubietenden "konstruktiven Kompromißlösung" noch nicht äußern, die Bundesregierung sei sich jedoch bewußt, daß sie gegenüber Brüssel und den EU-Partnern eine "Verpflichtung" habe, die Probleme in Warnemünde zu regeln.Eine baldige "einvernehmliche Lösung" unter Einbeziehung des Kvaerner-Konzerns sei in Sicht, betonte er.

Van Miert hatte mehrfach Bonner Vorschläge abgelehnt, die Überschreitung der Produktionsobergrenze bei Kvaerner mit nicht ausgeschöpften Kapazitäten in anderen Werften Mecklenburg-Vorpommerns zu verrechnen.Tacke betonte zwar gestern, er wolle auf derlei Rechenmodelle "nicht pochen", er verwies jedoch darauf, daß nicht zuletzt angesichts der in Konkurs befindlichen Elbewerft Boizenburg die Gesamtkapazität für den Schiffbau in Deutschland von 327 000 cgt.derzeit eingehalten werde.

Kvaerner sei sich "der Ernsthaftigkeit des Problems" bewußt, machte Tacke klar.Er bejahte auch die konkrete Frage, ob der Schiffbaukonzern aktiv und gegebenenfalls unter finanziellen Einbußen in die Lösungsfindung einbezogen würde: Kvaerner müsse mit einer "Beule im Bug" rechnen, kündigte Tacke an.Da das Unternehmen nach Tackes Worten bereits eingewilligt haben soll, von den für 1999 beabsichtigten Kapazitätserhöhungen in Warnemünde wieder Abstand zu nehmen, kann jetzt vermutet werden, daß bereits eingegangene Schiffbauaufträge des Konzerns verschoben werden.

Daneben sei es aber denkbar, daß Kvaerner für die Überschreitungen im laufenden Jahr zu finanziellen "Kompensationen" verpflichtet werden könnte, hieß es weiter.Kvaerner hatte 1992 bei der Übernahme der Werft Privatisierungs-Beihilfen in einem Gesamtumfang von rund 1,27 Mrd.DM bewilligt bekommen.Diese Subventionen waren jedoch an verbindliche Kapazitätsobergrenzen geknüpft worden.

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