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Weg frei für die Gigaliner. Nur Berlin, das Saarland und Rheinland-Pfalz verweigern sich dem bundesweiten Feldversuch.

© picture-alliance/ dpa

Brandenburg testet Lang-Lkw: Riesenlaster auf dem Berliner Ring

Die umstrittenen Lang-Lkw dürfen nun auch auf dem Berliner Ring unterwegs sein. Das Bundesland hat seinen Widerstand aufgegeben und testet Gigaliner noch bis Ende 2016.

25 Meter lang und 40 Tonnen schwer: Die umstrittenen Riesenlaster sind jetzt auch auf dem Berliner Ring unterwegs. Obwohl sich Berlin – neben dem Saarland und Rheinland-Pfalz – nicht am bundesweiten Feldversuch mit den extralangen Lkw beteiligt, werden viele Berliner in Kürze die Gigaliner auf dem größtenteils durch das Nachbar-Bundesland führenden Ring zu sehen bekommen. Ausgenommen ist ein kleines Berliner Teilstück bei Buch.

Mit Brandenburg hat sich die Zahl der Bundesländer, die den Test unterstützen, auf 13 erhöht. Auch das Streckennetz wächst: Mit Inkrafttreten einer entsprechenden Verordnung am Montag kommen weitere Strecken – unter anderem in Baden-Württemberg – hinzu. Damit erweitert sich das erlaubte Netz laut Bundesverkehrsministerium um 900 auf insgesamt 11 600 Kilometer. An dem noch bis Jahresende laufenden Test beteiligen sich 56 Firmen mit 145 Lang-Lkws, die 6,50 Meter länger sein dürfen als konventionelle Lkw. In Brandenburg beteiligen sich aktuell nach Angaben des Bundesverbandes Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) vier Speditionen.

Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) sagte, das Netz werde zum sechsten Mal erweitert. „Inzwischen haben sich fast alle Bundesländer unserem Feldversuch angeschlossen.“ Die erlaubten Strecken sind überwiegend Autobahnen. Der fünfjährige Feldversuch wird von der Bundesanstalt für Straßenwesen wissenschaftlich begleitet und läuft bis Ende dieses Jahres. Dobrindt hatte schon signalisiert, dass Lang-Lkws nach dem Versuch in den Regelbetrieb gehen sollen. Dabei sind die Vorteile, die der Gütertransport mit Gigalinern hätte, höchst umstritten.

Gegner werfen Verkehrsminister Dobrindt vor, Fakten zu schaffen

Gegner der Riesenlaster halten die Ausweitung des Tests für unnötig. „Es kommen keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse hinzu, es geht dem Verkehrsminister lediglich darum, Fakten zu schaffen“, sagte Martin Roggermann von der Bahn-Lobby Allianz pro Schiene. Befürworter wie Speditionen, die Lkw-Hersteller oder der Verband der Autoindustrie argumentieren, dass bei geeigneter Fracht zwei Lang-Lkws bis zu drei normale Lastwagen ersetzen könnten. Dies spare bis zu 25 Prozent Sprit und entlaste die Straßen. Kritiker sehen hingegen die Verkehrssicherheit gefährdet und warnen, die Straßeninfrastruktur sei für den Einsatz von Lang-Lkw ungeeignet. Schon heute wird der größte Teil aller Straßenschäden von Lkw verursacht, die leichter als die 40-Tonnen-Gigaliner sind. Außerdem befürchten die Gegner, dass immer mehr Güterverkehr von der Schiene auf die Straßen verlagert wird.

Ein erster Zwischenbericht der Bundesanstalt für Straßenwesen kam im Sommer 2014 zu einem anderen Ergebnis: Weder sei ein erhöhter Erhaltungsaufwand für die Infrastruktur festzustellen, noch gebe es Verlagerungseffekte von der Schiene auf die Straße. Auch seien keine Probleme beim Bremsverhalten der Riesenlaster aufgetreten. Hinweise auf größeren Stress oder eine erhöhte psychologische Beanspruchung der Fahrer wurden in der Untersuchung nicht gefunden.

Die Allianz pro Schiene hält die Ergebnisse nicht für repräsentativ. „Es wurden nur 37 Lang-Lkw begleitet und die Ergebnisse verallgemeinert“, sagte Martin Roggermann. Er verweist auf Langfriststudien bei einer größeren Zahl von Gigalinern. Danach verbilligen übergroße Lkw den Transport auf der Straße um circa 30 Prozent. Die Folge: Unternehmen verlagern Transporte von der Schiene zurück auf den Lkw. So prognostiziert das Fraunhofer Institut nach Angaben der Allianz pro Schiene einen Verlust von mehr als 35 Prozent der Verkehrsleistung im Einzelwagenverkehr und mehr als zwölf Prozent im kombinierten Verkehr Straße-Schiene.

Autolobby feiert Erfolg

In Brandenburg konzentriert sich der Feldversuch auf die A19 und A24 im Norden über die A10, auf die Dreiecke Havelland, Werder und Potsdam und weiter auf die A10 und A13 bis zur Landesgrenze Sachsen. Außerdem ist die A10 vom Dreieck Havelland bis zum Kreuz Oranienburg für die Lang-Lkw freigegeben. Einige Firmen dürfen über Bundes- und Gemeindestraßen angefahren werden.

Eine Beteiligung war in Brandenburg lange umstritten. Wie fast alle von SPD und Grünen regierten Bundesländer hatte die Potsdamer Landesregierung das Projekt abgelehnt. Auch die SPD-Bundestagsfraktion ist dagegen. Doch seit einiger Zeit bröckelt der Widerstand. „Da wir als Logistikregion auch von dem wachsenden Seehafenhinterlandverkehr profitieren, ergibt es keinen Sinn, sich dem Feldversuch zu verschließen“, teilte das Potsdamer Verkehrsministerium am Montag mit. Nach Baden-Württemberg stimmte 2016 auch Nordrhein-Westfalen dem Test zu. Lkw-Hersteller werten dies als Erfolg ihrer Lobbyarbeit. Daimler und Volkswagen hatten massiv für den Einsatz der Riesenlaster geworben.

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