zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Braune Brühe

Frank und Beate K. bewohnen eine großzügig geschnittene Altbau-Wohnung im Berliner Viertel Frohnau.

Frank und Beate K. bewohnen eine großzügig geschnittene Altbau-Wohnung im Berliner Viertel Frohnau. Das Akademikerpaar lebte dort glücklich und zufrieden, bis sie nach einem Urlaub die Wasserhähne aufdrehten und statt klaren Trinkwassers eine bräunlich verfärbte Flüssigkeit aus den Leitungen quoll. Flugs füllte Frank K. die Brühe in eine Flasche, und ließ die so gewonnene Probe vom Institut für Umweltanalytik untersuchen. Dort stellte man einen Bleigehalt von fast einem Zehntel Milligramm pro Liter (mg / l) fest.

Nach der Trinkwasserverordnung (TVO) darf die Bleikonzentration einen Wert von 0,04 mg / l nicht übersteigen. Weil die Analyse mehr als das Doppelte ergab, minderten Frank und Beate K. die Miete um zehn Prozent. Unbeeindruckt von solchen Argumenten zeigt sich das Berliner Landgericht. Die Grenzwerte der TVO sollen für eine möglichst geringe Belastung des Wassers sorgen, ohne dass damit ersichtlich ist, dass eine höhere Konzentration zu einer Gesundheitsgefährdung führen könnte. Die Überschreitung der Werte sei weder ein Grund zur Mietminderung, noch Anspruchsgrundlage zum Austausch alter Bleileitungen gegen moderne Kupferrohre (LG Berlin Az.: 62 S 410 / 95).

Das Urteil der Berliner Richter darf nicht dahingehend missverstanden werden, dass jede noch so hohe Bleikonzentration im Trinkwasser von Mietern hinzunehmen ist. Grundsätzlich kann jeder Mieter erwarten, in seiner Wohnung keiner nachhaltigen Gefährdung seiner Gesundheit ausgesetzt zu sein. Hierbei trifft ihn aber eine Mitwirkungspflicht: Technisch wird zwischen Stagnationswasser und fließendem Wasser unterschieden. Stagnationswasser bleibt in der Leitung und tritt zuerst hervor, wenn ein Wasserhahn aufgedreht wird. Je länger dieses Wasser in bleihaltigen Rohren verbleibt, desto größer ist die Bleikonzentration. Ist das Stagnationswasser abgeflossen, ergeben sich für das dann fließende Frischwasser bereits nach wenigen Sekunden erheblich niedrigere Bleiwerte.

Jedem Mieter sei es zuzumuten, Standwasser kurz ablaufen zu lassen, bevor der Leitung Trinkwasser entnommen wird. Im Verhältnis zum übrigen Verbrauch von Wasser in einer Wohnung, in der gebadet oder die Toilettenspülung betätigt wird, falle diese Maßnahme letztlich nicht ins Gewicht. Wird auch bei fließendem Wasser der Grenzwert von 0,04 mg / l an Blei überschritten, ist der Vermieter verpflichtet, das Rohrsystem zu erneuern. Hierbei entstehende Kosten werden übrigens als Instandsetzung gewertet und dürfen nicht auf die Mieten umgelegt werden.

Karl M. Wilhelm

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false