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Wirtschaft: Brüssel: Berlin erfüllt Spar-Auflagen

EU-Kommission sieht Neuverschuldung 2005 unter drei Prozent/ Zwei Kandidaten für IWF-Chefposten

Punchestown (jh/HB/dpa). Deutschland wird nach Einschätzung der EUKommission 2005 die Neuverschuldung unter die Marke von drei Prozent drücken und damit seine eigenen Sparverpflichtungen erfüllen. Das habe die Kommission beim Treffen der EU-Finanzminister in Punchestown bei Dublin mitgeteilt, sagte Bundesfinanzminister Hans Eichel am Sonnabend nach Abschluss des Treffens. „Mit den eingeleiteten Maßnahmen kann 2005 die Drei-Prozent-Grenze unterschritten werden“, sagte Eichel. Das Nachrichtenmagazin Der „Spiegel“ meldet diese Woche hingegen unter Berufung auf das Finanzministerium, dass Berlin den Pakt im kommenden Jahr wieder verletzen wird.

Bisher waren immer wieder Zweifel an der Selbstverpflichtung Berlins vom November 2003 laut geworden, im Jahr 2005 nach drei Jahren überhöhter Neuverschuldung in Folge wieder die Maastrichter Defizit- Grenze von drei Prozent vom Bruttoinlandsprodukt einzuhalten.

Wenn die EU-Kommission an diesem Mittwoch ihre Frühjahrsprognose veröffentlicht, will sie gleichzeitig gegen die Niederlande ein Defizitverfahren wegen der Verletzung des Stabilitätspaktes einleiten. Gegen Italien bereite sie eine Frühwarnung vor, hieß es in Punchestown. Italien hat das Drei-Prozent- Limit noch nicht gerissen, nähert sich der Schwelle aber an. Gegen Deutschland und Frankreich laufen bereits Defizitverfahren, mit denen die Länder zur Haushaltsdisziplin verpflichtet werden sollen. Allerdings hatten die europäischen Finanzminister im vergangenen Herbst beschlossen, diese nicht weiterzuführen. Daher verlieren auch die neuen Verfahren an Bedeutung. Währungskommissar Pedro Solbes führte die Verschlechterung der Defizite auf nicht ausreichende Strukturreformen und die schwache Konjunktur zurück.

Das Defizitverfahren gegen Portugal will Solbes einstellen, nachdem Reformen der Regierung in Lissabon greifen. Unklar blieb, ob die Kommission auch Schritte gegen Großbritannien einleiten wird, das nicht der Währungsunion angehört und für 2003 ebenfalls eine zu hohe Neuverschuldung ausweist. Die Niederlande und Großbritannien können mit einer wohlwollenden Behandlung durch die EU-Kommission rechnen, da sie schon im Vorjahr begonnen haben, der Verletzung des Defizitziels entgegenzuwirken.

Bundesfinanzminister Hans Eichel lehnte eine Reform des Stabilitätspaktes erneut ab. Mehrere Minister sprachen sich dafür aus, erst 2005 die Reform anzugehen. Solbes, der ursprünglich seine Reformvorstellungen in diesem Frühjahr vorlegen wollte, wird dazu nicht mehr kommen. Er wird Mitte des Monats Spaniens Finanzminister.

Die europäischen Finanzminister haben sich zudem auf zwei mögliche Kandidaten für die Nachfolge von Horst Köhler an der Spitze des Internationalen Währungsfonds (IWF) geeinigt. Spaniens ausscheidender Finanzminister Rodrigo Rato oder der Franzose Jean Lemierre, Präsident der Europäischen Bank für Wiederaufbau (Osteuropabank), könnten den Posten übernehmen.

Die Einigung auf einen der beiden war nicht möglich. Am 19. April wollen die Minister am Rande der Jahrestagung der Osteuropabank in London den gemeinsamen Kandidaten der EU benennen. Sowohl Rato als auch Lemierre erfüllten die qualitativen Anforderungen der Aufgabe beim IWF, sagte Irlands Finanzminister Charlie McCreevy. Die Bundesregierung unterstützt die Kandidatur Lemierres. Laut EU-Kreisen will Berlin Finanzstaatssekretär Caio Koch-Weser an die Spitze der Londoner Bank entsenden, falls Lemierre nach Washington wechseln sollte. Der britische Finanzminister Gordon Brown, der im Auftrag des IWF die Nachfolge von Köhler sondiert, wird in den nächsten Tagen prüfen, welcher der Kandidaten weltweit die größte Unterstützung findet. Entscheidend wird das Votum der US-Regierung sein, deren Stimme bei der Kür das stärkste Gewicht hat.

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