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Wirtschaft: Brüssel blockiert Soforthilfe für Mobilcom

Kommissar Monti fordert Informationen – Französische Regierung will sich nicht mehr einmischen

Berlin (asi/fo). Die Bundesregierung kommt wegen ihrer Kreditzusagen an das angeschlagene Telekom-Unternehmen Mobilcom bei der EU-Kommission und Wettbewerbern immer mehr in die Kritik. Derweil sinken die Chancen, noch zu einer einvernehmlichen Lösung mit dem französischen Unternehmen France Télécom zu kommen.

Ob die Bundesregierung mit ihrer 400-Millionen-Euro-Zusage vom Montag die Stellen der mehr als 5000 Mobilcom-Mitarbeiter gerettet hat, war am Dienstag keineswegs sicher. Zwar stellte die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) die ersten 50 Millionen Euro bereit. Ob das Geld ausgezahlt werden kann, ist aber noch nicht klar. Der Grund: EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti betonte, dass staatliche Beihilfen nicht vor ihrer Genehmigung ausgezahlt werden dürften. Monti forderte die Bundesregierung auf, Brüssel die notwendigen Informationen zur Verfügung zu stellen.

Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) bekräftigte zwar am Dienstagmorgen noch, dass es sich nicht um eine Beihilfe handele, schloss aber eine Korrektur dieser Einschätzung nicht aus. Ein Sprecher der KfW lehnte jede Aussage darüber ab, ob es eine Haftungszusage der Bundesregierung für die erste Tranche des Kredites gegeben habe. Müller will die Kredite insgesamt über den Investitionsvertrag zwischen Mobilcom und France Télécom absichern. Wenn das nicht ausreiche, komme eine Haftungsfreistellung durch den Bund in Frage.

Die französische Industrieministerin Nicole Fontaine deutete unterdessen an, dass sich die Regierung in Paris nicht weiter in die Bemühungen um eine Rettung von Mobilcom einmischen will. „Es ist eine geschäftliche und keine politische Entscheidung", sagte Fontaine in Paris zur Aufkündigung der Partnerschaft mit Mobilcom durch die halbstaatliche France Télécom. Bundeskanzler Gerhard Schröder macht sich für eine Fortsetzung der Kooperation stark.

Derweil konkretisierten der Mobilfunk-Betreiber O2 und der niederländische Telefonkonzern KPN, dem der deutsche Mobilfunkbetreiber E-Plus gehört, ihre Ankündigung rechtlicher Schritte gegen die Staatsunterstützung. „Man muss genau untersuchen, ob das unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten in Ordnung ist", sagte ein O2-Sprecher. KPN-Chef Ad Scheepbouwer will prüfen, ob er Beschwerde gegen die Kredite bei der EU-Kommission einreichen wird.

Skeptisch äußerten sich am Dienstag der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Martin Wansleben, und die schleswig-holsteinische Regierungschefin Heide Simonis über die Chancen von Mobilcom. Simonis sagte auf die Frage ob Mobilcom gerettet sei: „Das wird sich noch zeigen.“ Wansleben warnte davor zu glauben, dass mit den Kredithilfen „auf Dauer eine tragfähige Lösung gefunden ist.“

Der Aufsichtsrat von Mobilcom beriet am Dienstag in Hamburg ein Sanierungsprogramm, das nach Angaben von Vorstandschef Thorsten Grenz einige hundert Arbeitsplätze kosten wird. Von den zugesagten Krediten in einem Gesamtvolumen von 400 Millionen Euro sind 50 Millionen Euro als Soforthilfe gedacht. Weitere 170 Millionen Euro dienen der Überbrückung von Liquiditätsengpässen im Kerngeschäft, der Vermittlung von Telefonkunden. Der Rest, 280 Millionen Euro, soll in den weiteren Aufbau des UMTS-Netzes fließen. Mobilcom will hier nicht aussteigen. Wie die Investitionen aber realisiert werden können, ist offen. France Télécom hatte zehn Milliarden Euro zum Netzaufbau zugesagt, nach Branchenschätzungen stehen noch drei bis fünf Milliarden Euro aus. Mobilcom-Aufsichtsrat Dieter Vogel soll nun mit den Franzosen darüber verhandeln. Die Landesbank Schleswig-Holstein in Kiel (LB Kiel) forderte am Dienstagabend, dass zunächst ein Wirtschaftsprüfer das Unternehmenskonzept von Mobilcom untersuchen solle.

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