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Wirtschaft: Brüssel klagt gegen das deutsche Dosenpfand

Die EU-Kommission will wegen Benachteiligung ausländischer Getränkehersteller ein Verfahren einleiten – Trittin bleibt gelassen

Brüssel / Düsseldorf / Berlin (sce/ire/HB/pet/deh) Neuer Ärger um das Dosenpfand: EUKommissar Frits Bolkestein will wegen der Einführungs-Pannen beim Zwangspfand in der kommenden Woche ein EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einleiten. Dies erfuhr das Handelsblatt aus Kommissionskreisen. Ausgangspunkt der Klage sind zahlreiche Beschwerden ausländischer Getränkeimporteure, die über dramatische Umsatzeinbußen auf dem deutschen Markt berichten. „Wir akzeptieren die politische Entscheidung zur Einführung des Getränkepfands“, heißt es aus den Dienststellen des Kommissars. Der Wechsel vom alten Rücknahmesystem zum Pfandsystem müsse jedoch „bruchlos“ vollzogen werden und dürfe nicht zu Hindernissen im innergemeinschaftlichen Handel führen.

Nach Ansicht Bolkesteins diskriminiert das Fehlen eines bundesweiten Rücknahmesystems ausländische Importeure, die fast ausschließlich Einweggebinde anbieten. Damit liege ein „schwerwiegender Verstoß“ gegen den Binnenmarkt-Artikel des EU-Vertrages vor. Insbesondere nach der Ankündigung der Handelsketten Metro und Tengelmann, Dosen aus dem Regal zu nehmen, drängt der Kommissar auf eine unverzügliche Änderung der bestehenden Rechtslage. Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) müsse darüber nachdenken, das Zwangspfand notfalls auszusetzen, „bis die Anforderungen des Gemeinschaftsrechts erfüllt sind", heißt es in Brüssel. Auch die von Lidl und Aldi angebotene „Insellösung“ genügt den Anforderungen der Generaldirektion Binnenmarkt nicht. Denn beide Handelshäuser nehmen lediglich die leeren Verpackungen eigener Produkte zurück.

Das Bundesumweltministerium sieht dem drohenden Brüsseler Verfahren gelassen entgegen. „Bis so ein Verfahren ins Laufen käme, ist der Übergangszeitraum doch längst vorbei“, sagte ein Sprecher des Ministeriums. Außerdem hätten ausländische Mineralwässer ihren Absatz in Deutschland auch im ersten Halbjahr 2003 um 15 Prozent erhöht. Diese Zahl hat die Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung ermittelt.

Der Kiosk-Belieferer Lekkerland-Tobaccoland kündigte am Donnerstag die Einführung eines bundesweites Pfandsystem für Dosen zum 1. Oktober an. Verbraucher können die mit einem Pfandlogo gekennzeichneten Dosen und Einwegflaschen dann in den rund 100 000 von Lekkerland belieferten Geschäften und Spar-Filialen in allen Teilen Deutschlands kaufen und dort das Leergut unabhängig vom Einkaufsort zurückgeben.

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