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Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle.

© Reuters

Update

Bruttoinlandsprodukt: Regierung hebt Wachstumsprognose an

Die Regierung jubelt: Der Aufschwung zahle sich für die Bürger aus. Neue Jobs entstehen, die Löhne steigen. Doch die Aussichten werden getrübt durch weltweite Krisen und Inflationssorgen.

Etwas blässlich war der Minister, doch keineswegs kleinlaut. Prügel vom Wähler, die eigene Partei im Sarg, Abgang als Landeschef und schließlich bedenkliches Wackeln auch des Ministerkopfes – nein, das war am Donnerstag auf der Bühne der Bundespressekonferenz nicht das Thema. Rainer Brüderle konnte vielmehr endlich mal wieder den Aufschwungminister geben. Und das mit Schmiss. In zehn Minuten gab es eine frohe Botschaft nach der anderen, garniert mit famosen Sprachbildern und im Ton des Unerschütterlichen: Deutschlands Wirtschaft geht es großartig, weil das Land toll regiert wird. „Die schwarz-gelbe Wirtschaftspolitik ist mit Vernunft betrieben und hat Charakter.“

Auch die Energiewende II, wenige Monate nach der Energiewende I im vergangenen Herbst, als Brüderle mit der Verlängerung der Atomlaufzeiten gegen Umweltminister Norbert Röttgen gewann? Von sich aus nahm der Wirtschaftsminister das ungemütliche Thema nicht in den Mund. Doch auf Nachfragen gab es ein paar Erkenntnisse („das offene Denken ist die Lösung“) und den launigen Brüderle: „Ein Geheimnis verrat’ ich Ihnen schon: Billiger wird es nicht werden.“ Gemeint ist die Energie, vor allem Strom, nach dem Ende der Kernkraft. „Am Schluss zahlen alles die Bürger, ob als Kunden oder als Steuerzahler.“

Immerhin: Die Bürger, sofern sie Arbeit haben, können auch zahlen. Denn die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte, so hat das Ministerium ausgerechnet, steigen in diesem und im nächsten Jahr um jeweils 3,3 Prozent und damit „so stark wie seit zehn Jahren nicht mehr“. Zieht man die erwartete Preissteigerung von 2,4 Prozent (2011) und knapp zwei Prozent (2012) ab, bleibt ein Kaufkraft-Plus. „Der Aufschwung kommt an. Leistung lohnt sich wieder“, freute sich der FDP-Minister und fügte noch schnell ein Bild hinzu. „Der Aufschwung ist wie ein guter Osterzopf: Je länger er geht, desto weiter geht er.“

Zunehmende Bedeutung für die wirtschaftliche Dynamik kommt dem privaten Konsum zu. Entsprechend reduziere sich die Bedeutung des Exports. So habe der Außenhandel 2010 1,3 Prozent zur Wachstumsrate von 3,6 Prozent beigetragen, in diesem Jahr sinke der Wachstumsbeitrag des Exports auf 0,5 und im kommenden Jahr weiter auf 0,3 Prozent. Das liegt nicht an der Schwäche des Exports, sondern an der Stärke der Binnennachfrage. „Die fast schon traditionelle deutsche Konsumschwäche ist überwunden“, glaubt der Wirtschaftsminister.

Tatsächlich sind die 2,6 Prozent, die Brüderle und die Regierung nun für dieses Jahr erwarten, mehr als der ursprüngliche Ansatz. Und dabei ist das vermutlich konservativ geschätzt, denn Ökonomen liegen mit ihren Prognosen zumeist noch drüber. „Wir dürfen nicht übermütig werden“, sagte Brüderle. Und müssten uns konzentrieren auf die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte. „Wir machen Deutschland fit für die Zukunft.“ Damit meinte der FDP-Politiker keineswegs die bisherige FDP-Politik der Steuersenkungen um jeden Preis, sondern eine „klare Prioritätensetzung auf die Haushaltskonsolidierung.“ Dann kann nichts mehr schiefgehen. „Deutschland hat Kraft und Ausdauer“ und wirke im Euroraum wie ein Stabilitätsanker. Kein Wunder, dass Brüderle bis weit in die nächste Legislaturperiode hinein eine Wachstumsrate von 1,8 Prozent veranschlagt, Jahr für Jahr, bis 2015. „Wir fahren mit Tempo 130 auf der Autobahn, der Aufschwung bleibt in der Spur.“ Alles bestens also und kein Grund zur Miesepetrigkeit. „Als Deutsche sollten wir uns jetzt mal eine halbe Stunde freuen.“

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