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Wirtschaft: Buddy der Bosse

Deutsch-amerikanische Freundschaft: In New York lobten US-Vorstände Kanzler Schröder und seine Agenda 2010

New York. Bundeskanzler Gerhard Schröder hat bei seinem USA-Besuch für die Reformagenda 2010 der rot-grünen Bundesregierung geworben. Deutschland, sagte der Kanzler, sei als Investitionsstandort noch attraktiver geworden. Mit Blick auf den starken Euro sagte Schröder, sowohl die USA als auch Europa hätten ein Interesse an „günstigen Wechselkursen“. Er glaube nicht, dass es angesichts des hohen US-Leistungsbilanzdefizits eine „absichtliche Politik des schwachen Dollar“ gebe.

Im Bankhaus Goldman Sachs traf sich der Bundeskanzler am Freitagmittag (Ortszeit) mit 17 Vorstandschefs hochrangiger US-Firmen. Ein Mittagessen der Superlative: Jeff Immelt, Chef des weltgrößten Unternehmens General Electric, war gekommen. Michael Eisner, Vorstandsvorsitzender vom Unterhaltungskonzern Disney auch. Die Bosse vom größten Aluminiumhersteller der Welt und vom gigantischen Konsumgüterproduzenten Procter&Gamble saßen auch am Tisch. Die komplette Managerprominenz war angereist, um mit dem Kanzler – klar – über die größten Reformen in Deutschland seit langem zu diskutieren.

Und das taten sie dann auch: Was die Agenda 2010 wirklich wert sei, wollten sie wissen, ob die Arbeitsmarktreformen tatsächlich zu einem dynamischeren und flexibleren System führen würden, das eine Investition oder Übernahme in Deutschland attraktiv machen könnte.

Schröder gab sein Bestes: Offen und energisch sei er gewesen, man sei „really impressed“, hieß es hinterher in Teilnehmerkreisen. Der Kanzler habe locker und optimistisch gewirkt, und habe versprochen, dass die geplanten Reformen alle durchgesetzt würden. Seine Kompromissbereitschaft in der Sache sei ausgesprochen gering, habe er gesagt. Und als sie ihn dann am Ende des Menüs fragten, ob ihm klar sei, dass das alles nur ein Anfang sei, da habe er ihnen gerade in die Augen gesehen und klar Ja gesagt. Da habe man erstmals seit Langem das Gefühl gehabt, das Deutschland auf einem guten Weg sei.

Ein Erfolg, wie er ihn zu Hause auch mal gern gehabt hätte. Schon am Donnerstagabend hatte er die New Yorker Geschäftswelt für sich eingenommen. Spätestens beim Verspeisen der dunklen, schweren Haselnusstorte muss ihm die Idee gekommen sein, sein Manuskript beiseite zu lassen. Eigentlich hatte er auch da vorgehabt, vor den 550 Vertretern aus Wirtschaft und Gesellschaft die deutsche Wirtschaft als Export-Weltmeister zu preisen, sich um den hohen Euro-Kurs zu sorgen, für seine Agenda 2010 werben und US-Investoren zu locken.

Doch unter dem Eindruck der jüngsten Terror-Anschläge in der Türkei warf der Regierungschef die Zahlen über Bord und nutzte den Auftritt zu einer Demonstration deutsch-amerikanischer Freundschaft. „Wer heute die Nachrichten verfolgt hat, der muss doch einfach zu der Überzeugung kommen, dass wir in dieser Auseinandersetzung, was immer wir an Meinungsverschiedenheiten im Bereich der Ökonomie, der Kultur und auch der Politik auszutragen haben, nahtlos zusammengehören“, rief der Kanzler der festlichen Gesellschaft zu.

Sie war auf Einladung des American Institute for Contemporary German Studies (AICGS) zusammengekommen, um Sanford Weill, den Aufsichtsratschef der Citigroup, zur Verleihung des „Global Leadership Award“ zu gratulieren. Ohnehin schon in Festlaune, schlossen die Geladenen den Kanzler gleich mit in ihr Herz.

Und der plauderte von alten Freunden, gutem französischen Wein und einer deutsch-amerikanischen Freundschaft zweier Männer – Gerhard Schröder und Sanford Weill - die es von ziemlich weit unten nach ganz oben geschafft haben. „Das hat etwas mit einem ganz außergewöhnlichen Mut und einem unbedingten Erfolgswillen zu tun“, rief Schröder – und in diesem Augenblick war nicht ganz klar, ob er damit wirklich nur den Preisträger oder doch vielleicht auch ein bisschen sich selbst lobte.

Als er wieder abtrat vom Rednerpult, dankten die Anwesenden ihm mit einer stehenden Ovation. Und der Preisträger selbst legte noch etwas drauf. Weill lobte des Kanzlers „kühnen Vorstoß“, mit der Agenda 2010 die deutschen Sozialsysteme zu reformieren. „Manche Deutsche“, rief der Citigroup-Chef, „halten sich zu sehr dran fest, was sie zu verlieren haben. Der Kanzler sagt ihnen, was sie gewinnen können – und er hat Recht!“

Der Ausflug nach New York, ein makelloser Auswärtssieg. Diesmal falle der Abschied aus den USA dem Kanzler schwer, hieß es. Weil Deutschland, so aus der Ferne betrachtet, doch ein kerngesundes Land sein kann.

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