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Wirtschaft: Bund bringt Obermann in Not

Telekom-Chef soll den Tarifkonflikt mit Verdi schnell beenden – und zugleich die Sparziele erreichen

Düsseldorf/Berlin - Die Bundesregierung erhöht den Druck auf Telekom-Chef René Obermann, eine Lösung im andauernden Tarifkonflikt mit der Gewerkschaft Verdi zu erreichen. „Es sollte möglichst in den nächsten Tagen klar sein, wie der Streik der Telekom-Mitarbeiter beendet werden kann“, heißt es in Regierungskreisen in Berlin. Der Bund, der mit einem Anteil von rund 33 Prozent an der Telekom größter Aktionär ist, erwartet nach Informationen des Handelsblatts zudem, dass auch die angekündigten Sparziele mit der geplanten Ausgliederung von 50 000 Mitarbeitern in die geplante Servicegesellschaft T-Service weitgehend erreicht werden.

Mit seinem Sparprogramm im Personalbereich will Obermann die Kosten jährlich um 500 bis 900 Millionen Euro drücken und so dem wegbrechenden Umsatz im klassischen Festnetzgeschäft entgegenwirken. Verdi weigert sich bisher aber, unter den von der Telekom gesetzten Bedingungen an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Der Ex-Monopolist will den Mitarbeitern neun Prozent weniger Gehalt zahlen und verlangt zudem, dass sie 38 statt bislang 34 Stunden in der Woche arbeiten.

Nach Ansicht des Bundes darf ein Kompromiss in dem Konflikt nicht so aussehen, dass die Telekom nur die Arbeitszeiten verlängert und die Gehälter der Mitarbeiter verschont. Obermann müsse jetzt „antizyklisch handeln“, um die Sanierung des ehemaligen Staatsunternehmens voranzutreiben. Für Verdi jedoch ist gerade der Griff ins Portemonnaie der entscheidende Punkt, bei dem die Gewerkschaft nicht mitspielen will.

Da Verdi bislang kein Entgegenkommen signalisiert hat, verschärft die Telekom nun offenbar die Konfrontation und schafft Fakten: Am heutigen Freitag will Obermann verkünden, dass er die 50 000 Mitarbeiter zum 1. Juli aus ihrem bisherigen Tarifvertrag in deutlich schlechter dotierte Verträge anderer Telekom-Tochtergesellschaften verschieben will. Ein neues Angebot an die Beschäftigten will das Unternehmen dabei offenbar nicht vorlegen. Verdi will mit ausgeweiteten Streiks antworten. Am Donnerstag folgten nach Verdi-Angaben bundesweit rund 16 000 Telekom-Beschäftigte dem Aufruf. Für Freitag erwartet Verdi mehr als 14 000 Streikende

Der Verdi-Streik gilt in Berlin als Nagelprobe für den neuen Telekom-Chef. „Obermann muss diesen Konflikt mit Gesichtswahrung lösen, sonst ist er kaum noch zu halten“, erfuhr das Handelsblatt aus Regierungskreisen. Trotz der schwierigen Situation hält der Bund demnach weiter am Telekom-Chef fest und ist zuversichtlich, dass Obermann eine Einigung mit den Arbeitnehmern erzielen kann.

Bereits Mitte vergangener Woche hatte sich die Politik aktiv in den Konflikt bei der Telekom eingeschaltet. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) hatte Telekom-Chef Obermann, Verdi-Chef Frank Bsirske und SPD-Fraktionschef Peter Struck zum Krisengespräch ins Finanzministerium eingeladen. Das mehrstündige Gespräch endete allerdings ohne Einigung, wie der Tarifkonflikt gelöst werden kann. Struck forderte am Donnerstag ebenfalls einen schnellen Kompromiss. „Alles andere gefährdet die Zukunft des Unternehmens und damit die Zukunft der Arbeitsplätze“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur, äußerte aber auch Verständnis für die schwierige Situation.

Der Druck auf den Telekom-Chef ist auch deswegen gestiegen, weil in den ersten drei Monaten knapp 600 000 Telekom-Kunden ihren Vertrag gekündigt hatten. Mit einer solchen Flucht hatte die Telekom-Führung jedoch nicht gerechnet. Nach Informationen des Handelsblatts aus Unternehmenskreisen lagen die Planzahlen lediglich bei 500 000 Kündigungen. mit nso

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