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Wirtschaft: Bundesbank: Inflation bleibt gefährlich

Präsident Weber hält auch 2007 steigende Zinsen für möglich – und sieht den Aufschwung gefestigt

Frankfurt am Main - Bundesbank-Präsident Axel Weber schließt für 2007 weitere Leitzinserhöhungen im Euro-Raum nicht aus. Den derzeitigen Rückgang der Inflationsrate betrachtet er jedenfalls nur als „vorübergehend“. Von einer dauerhaften Entspannung könne keine Rede sein, sagte Weber am Dienstag im Gespräch mit dem Tagesspiegel. Für 2007 sieht er nicht nur durch einen möglicherweise wieder steigenden Ölpreis, sondern auch durch die anhaltende starke Kreditvergabe an die Unternehmen „etliche Risiken dafür, dass die Inflationsrate wieder deutlich über zwei Prozent liegen wird“.

Zwar erwartet Weber, der die Bundesbank im geldpolitischen Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) vertritt, durch die Mehrwertsteuererhöhung im nächsten Jahr eine Wachstumsdelle. Der langfristige Wachstumstrend dürfte aber intakt bleiben. „Die Konjunktur steht zunehmend auf eigenen Beinen. Wir müssen uns deshalb fragen: Ist die derzeitige Stimulierung der Konjunktur durch die Geldpolitik 2007 noch erforderlich?", fragte der Bundesbank-Präsident.

Wirtschaftsforscher sind sich sicher, dass die Europäische Zentralbank (EZB) bis Ende dieses Jahres die Zinsen noch einmal anheben wird – auf dann 3,5 Prozent. Uneinigkeit gibt es bislang bei den Währungshütern noch in der Frage, ob 2007 weitere Zinsschritte nötig sind, um Risiken für die Preisstabilität zu vermeiden. Dies würde allerdings die Kredite für Unternehmen und Verbraucher verteuern. Außerdem könnten weiter steigende Zinsen für einen Rückschlag auf den Aktienmärkten sorgen.

Weber räumte ein, dass es durch den Rückgang des Ölpreises derzeit für die Verbraucher eine Entlastung gebe. Sollte dies so bleiben, wären die Folgen der Mehrwertsteueranhebung für viele Haushalte ab Anfang 2007 eher zu verkraften. Gleichwohl äußerte der Bundesbank-Präsident erneut deutliche Kritik am Steueraufschlag von 16 auf 19 Prozent. „Der starke Wettbewerb wird allerdings verhindern, dass er voll weitergegeben wird. Allenfalls zwei Drittel sind realistisch.“ Weber rechnet aber in jedem Fall mit Preiserhöhungen und einem Dämpfer für die Konjunktur. Durch die Mehrwertsteuer-Erhöhung werde das Wachstum 2007 um einen dreiviertel Prozentpunkt auf etwa 1,5 Prozent gedrückt.

Weber pochte erneut auf ein schnelleres Reformtempo und die nachhaltige Konsolidierung der Staatsfinanzen. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) müsse in dieser Absicht unterstützt werden, verlangte er. Das derzeit günstige konjunkturelle Umfeld müsse genutzt werden. „Geschieht dies nicht, werden wir beim nächsten Konjunktureinbruch feststellen müssen, dass wir vor denselben Strukturproblemen stehen wie zu Beginn dieses Jahrzehnts", sagte Weber. „Wir müssen alles daran setzen, dass dies nicht passiert.“

Nach Ansicht des Bundesbank-Präsidenten steht Deutschland immer noch am Anfang eines „notwendigen, umfangreichen Reformprozesses“. Die rot-grüne Bundesregierung habe mit der Agenda 2010 die richtigen Schritte eingeleitet, jetzt müsse etwa am Arbeitsmarkt das bestehende Instrumentarium konsequent umgesetzt werden. Weber forderte auch eine gezielte Förderung zur Schaffung von mehr Arbeitsplätzen für ältere Arbeitslose und für junge Menschen. „Die Jugendarbeitslosigkeit, insbesondere in der Gruppe der gering qualifizierten Schulabgänger, ist erschreckend hoch.“

Auch bei der Steuerreform fordert Weber ein höheres Tempo. Personen- und Kapitalgesellschaften sollten ebenso gleichartig behandelt werden wie Fremd- und Eigenfinanzierung. Mit Blick auf den Bundeshaushalt könne das Unterschreiten der Defizitgrenze von drei Prozent, die der EU-Stabilitätspakt setzt, nicht das Ende sein. Die Haushaltssanierung muss nach Ansicht von Weber weitergehen. Ziel müsse ein ausgeglichener Etat sein.

Auch in der Bundesbank selbst sind die Reformen noch nicht abgeschlossen. Nach dem Verzicht Baden-Württembergs auf einen Vorstandsposten plädiert Weber für eine Verkleinerung des Bundesbank-Vorstandes von derzeit acht auf sechs Mitglieder. Sie müssten aber eine hohe fachliche Kompetenz besitzen. Die Größe des Vorstandes sei aber eine politische Entscheidung. Auch bei den Mitarbeitern wird die Bundesbank den Worten Webers zufolge weiter abspecken: Bis Ende 2010 werde die Notenbank nur noch 10 300 Beschäftigte haben. Heute sind es 11 800, vor fünf Jahren waren es noch 15 000. „Die Bundesbank steckt mitten in einem selbst verordneten Anpassungsprozess. Wir arbeiten aber schon viel effizienter als noch vor wenigen Jahren", betonte der Bundesbank-Präsident.

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