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Wirtschaft: Bundesbank: Konjunktur ohne Perspektive

Deutsche Wirtschaft wächst nur um 0,3 Prozent / Erneuter Rückgang am Bau/Kritik an Sparpolitik der Regierung

Frankfurt (Main) / Berlin (ro/Tsp). Die deutsche Wirtschaft ist auch im dritten Quartal dieses Jahres nur mäßig gewachsen. Zwischen Juli und Ende September nahm die Wirtschaftsleistung im Vergleich zum Vorquartal um 0,3 Prozent zu, schreibt die Deutsche Bundesbank in ihrem jüngsten Monatsbericht. Das Winterhalbjahr werde schwach sein, vermuten die Ökonomen. Der Bundesverband der deutschen Banken warnte derweil, das Wachstum könne vollends zum Stillstand kommen. Gleichzeitig blieb die Inflationsrate im Oktober sehr moderat – das Europäische Statistikamt errechnete eine Rate von nur 1,3 Prozent für Deutschland.

„Der Konjunkturentwicklung fehlt die Perspektive“, schreiben die Wirtschaftsexperten der Bundesbank. Besonders wichtig sei, dass sich die negative Grundstimmung nicht verfestige. Die Aussichten hält die Notenbank für wenig rosig: Die Fabriken seien derzeit zu wenig ausgelastet, ein Ende der Investitionszurückhaltung sei nicht zu erkennen, und auch der private Verbrauch werde sich in nächster Zeit eher verhalten entwickeln.

Das Statistische Bundesamt teilte überdies mit, die Zahl der Baugenehmigungen sei in den ersten neun Monaten 2002 drastisch zurückgegangen. Von Januar bis September sei der Bau von 203 900 Wohnungen genehmigt worden, 9,8 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Deutlich weniger Baugenehmigungen gab es für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern (minus 18,0 Prozent). Auch bei Neubauwohnungen in Zweifamilienhäusern gab es ein Minus von 7,1 Prozent, bei Einfamilienhäusern Rückgänge von 5,7 Prozent.

Vor diesem Hintergrund seien die geplanten Sparmaßnahmen der Koalition kontraproduktiv, schreibt die Bundesbank. Sie würden zu weniger Unternehmensinvestitionen führen und so das Wachstum belasten. Im übrigen entlaste das Paket vor allem den Bund, obwohl die Defizitquote zur Hälfte auch auf Länder und Gemeinden entfalle. Die Bundesbank plädiert angesichts der Etatlöcher für einen moderaten Tarifabschluss im öffentlichen Dienst. Ein wichtiger Schritt zum Defizitabbau sei die Eindämmung der Staatsausgaben. Eine konkrete Zahl für einen Abschluss nennt sie indes nicht.

Auch der Bundesverband Deutscher Banken (BDB) sorgt sich um die Konjunktur. „Zum Jahresende könnte das Wachstum sogar zum Erliegen kommen“, erklärte der BDB am Montag. Auch für 2003 sei keine Besserung in Sicht. Die Stimmungsindikatoren hätten sich zuletzt weiter eingetrübt. Daher müsse eine noch größere Zurückhaltung bei Konsum, Investitionen und Beschäftigung befürchtet werden. Wegen der geringen Inflation böte sich der Europäischen Zentralbank (EZB) Zinssenkungsspielraum, schreibt der BDB. Allerdings könnten niedrigere Zinsen allein die Wirtschaft im EuroRaum nicht wieder in Schwung bringen.

Der Preisauftrieb in der Euro-Zone hat sich im Oktober beschleunigt: Die Inflationsrate in den zwölf Euro-Staaten betrug im vergangenen Monat 2,3 Prozent, wie das Statistikamt Eurostat am Montag mitteilte. Im September betrug sie noch 2,1 Prozent. Die niedrigste Inflation wiesen im Oktober Deutschland und Belgien mit jeweils 1,3 Prozent auf. Den höchsten Preisauftrieb verzeichneten Irland mit 4,4 Prozent, Portugal mit 4,1 und Griechenland mit 3,9 Prozent.

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