zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Bundesbank kritisiert "maßlose" Tarifabschlüsse

FRANKFURT (MAIN) (ro).Die Deutsche Bundesbank attackiert die Tarifparteien.

FRANKFURT (MAIN) (ro).Die Deutsche Bundesbank attackiert die Tarifparteien.Sie rechnet nach der diesjährigen Tarifrunde mit "deutlichen Belastungen" der Lohnkosten.Der "beschäftigungsneutrale Lohnerhöhungsspielraum" sei überschritten worden.Damit werde das günstige Preisklima gefährdet.Moderate Tarifabschlüsse hätten bislang dafür gesorgt, daß die Beschäftigung im vorigen Jahr erstmals seit 1990 wieder gestiegen sei.

Die Kritik steht im neuen Monatsbericht der Bundesbank, den die Währungshüter am Donnerstag veröffentlichten.Die Unternehmen beurteilten ihre Lage und die näheren Aussichten "überwiegend pessimistisch", schreiben die Ökonomen.Wenn sich die Erwartungen jüngst aufgehellt hätten, so dürfte dies im wesentlichen den verbesserten Exportchancen zu verdanken sein.

Angesichts der trüben Konjunkturaussichten seien die Gehalts- und Lohnerhöhungen kritisch zu bewerten.Die Volkswirte vermissen bei den Abschlüssen Fortschritte bei notwendigen Strukturverbesserungen und bei der Erhöhung der Flexibilität.Durch die längere Laufzeit der Verträge werde dieser Nachteil nicht aufgehoben.

Mit den aktuellen Tarifabschlüssen sei die "in den vergangenen Jahren verfolgte Grundlinie moderater Tarifanhebungen" verlassen worden.Diese seien aber eine wichtige Voraussetzung für die geringe Inflationsrate gewesen.Sie hätten wesentlich dazu beigetragen, daß die Beschäftigung im vergangenen Jahr erstmals seit der deutschen Vereinigung wieder gestiegen sei.

Insgesamt habe sich die Wirtschaft noch nicht aus der konjunkturellen Flaute im Herbst vorigen Jahres lösen können.Vor allem die Inlandsnachfrage entfalte keinen ausreichenden Schwung.Dies hängt nach Ansicht der Bundesbank auch mit weiter offenen Fragen in der Steuer- und Sozialpolitik zusammen.

Die Steuerentlastungen und das höhere Kindergeld hätten zwar den privaten Verbrauch angeregt.Aber im Gegenzug gebe es neue Belastungen durch die neuen Energiesteuern und den generellen Anstieg der Energiepreise.Sowohl bei den Verbrauchern als auch bei den Unternehmen hat der Pessimismus nach Ansicht der Bundesbank zugenommen.Immerhin sind die Notenbanker mit Blick auf den Export etwas zuversichtlicher.Das weltweite wirtschaftliche Umfeld habe sich stabilisiert.

Auch bei den öffentlichen Haushalten verbreitet die Bundesbank mit ihrem jüngsten Monatsbericht eher Pessimismus.Trotz steigender Steuereinnahmen rechnet sie im laufenden Jahr mit einem wachsenden Defizit.Das gesamte Minus der öffentlichen Haushalte von 53 Mrd.DM im vergangenen Jahr werde leicht höher ausfallen - auch deshalb, weil weniger Geld aus Privatisierungen hereinkomme und weil die Gewinnausschüttung der Bundesbank in diesem Jahr geringer ausgefallen sei als im vergangenen Jahr.Die Ökosteuer, deren erste Stufe am 1.April in Kraft trat, und die im vergangenen Jahr auf 16 Prozent erhöhte Mehrwertsteuer, spüle etwa neun Prozent mehr Steuergelder in die Budgets.Derzeit seien keine größeren Haushaltsrisiken abzusehen, schreiben die Ökonomen.Belastend könne sich freilich noch der Kosovo-Konflikt auswirken.

Die Notenbank kritisiert auch das "beschleunigte Ausgabenwachstum".Dies sei der Hauptgrund für die immer größeren Haushaltslöcher.Das Ziel der rot-grünen Bundesregierung, die Quote für das Defizit im Haushalt (gemessen am Bruttoinlandsprodukt) von derzeit 2,0 Prozent bis zum Jahr 2002 auf ein Prozent zu senken, ist nach Einschätzung der Bundesbank gefährdet.Zu den neuen Sparplänen von Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) äußern sich die Bundesbanker in ihrem Bericht nicht.

Insgesamt muß die Bundesregierung nach Ansicht der Notenbank den Unternehmen und Arbeitnehmern mehr Planungssicherheit verschaffen.Um die mit den notwendigen Reformen verbundenen Belastungen im Haushalt zu verkraften, müßten Ausgaben mittelfristig "entscheidend" gesenkt werden.Nur so könne eine nachhaltige Konsolidierung der öffentlichen Finanzen, die auch den künftigen demographischen Belastungen Rechnung tragen müsse, erreicht werden.Für das laufende Jahr erwartet die Bank - nach einem Rückgang seit 1996 - wieder einen Anstieg der Staats- und Abgabenquote.Der Bundeshaushalt für das laufende Jahr mit einem eingeplanten Defizit von 53,6 Mrd.DM werde voraussichtlich zu halten sein.Die Bundesländer dürften ihr Budgetminus mit voraussichtlich 29 Mrd.DM etwa auf dem Vorjahresniveau halten können, lautet die Prognose der Zentralbank in Frankfurt.Der geplante Anstieg der Länderausgaben um rund 1,5 Prozent gegenüber dem vorherigen Jahr werde jedoch höher ausfallen - Grund seien die Tariferhöhungen für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst.

Bei den Gemeinden sieht es düster aus: Nach einem überraschenden Überschuß von fünf Mrd.DM im Vorjahr werde für das laufende Jahr wieder mit einem Defizit gerechnet.Der Anstieg der Ausgaben liege bei 1,5 Prozent.Doch die Einnahmen würden um 1,5 Prozent sinken, vor allem wegen niedrigerer Verkaufserlöse für Eigentum.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false