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Wirtschaft: Bundesgerichtshof: Rechte der Verbraucher bei Lebensversicherern gestärkt

Versicherungskunden werden künftig mehr Klarheit bei Lebensversicherungsverträgen erwarten können. Der Grund: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mehrere seit 1995 verwendete Klauseln über Abschluss und Beendigung von Lebensversicherungen für unwirksam erklärt - Klauseln etwa über die Kosten eines Neuvertrags, den Rückkaufswert der Versicherung und die Folgen der Beitragsfreistellung.

Versicherungskunden werden künftig mehr Klarheit bei Lebensversicherungsverträgen erwarten können. Der Grund: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mehrere seit 1995 verwendete Klauseln über Abschluss und Beendigung von Lebensversicherungen für unwirksam erklärt - Klauseln etwa über die Kosten eines Neuvertrags, den Rückkaufswert der Versicherung und die Folgen der Beitragsfreistellung. Für Kunden sei bisher nicht hinreichend erkennbar gewesen, welche wirtschaftlichen Nachteile ihnen mit der Unterschrift unter den Vertrag oder bei einer Kündigung drohten, hieß es in dem am Mittwoch verkündeten Urteil. (AZ: IV ZR 121/00 u. 138/99 vom 9. Mai 2001).

Damit bekam der Bund der Versicherten (BdV) mit seinen Klagen gegen die Allianz Lebensversicherungs-AG und die Nürnberger Lebensversicherung AG teilweise recht. Die Berechnung der Überschussermittlung- und beteiligung wurde allerdings vom Gericht bestätigt. Der BdV will dagegen nun vor dem Bundesverfassungsgericht (BVG) klagen. Nach Angaben des BdV sind von der Entscheidung zehn bis 15 Millionen Kunden von Lebens- und privaten Rentenversicherungen betroffen, die seit 1995 einen Vertrag abgeschlossen hatten.

Bei den von den Verbraucherschützern kritisierten Klauseln geht es beispielsweise um Vertragsbestandteile der Allianz zum Rückkaufswert von Versicherungen. Dort heißt es, der Wert werde "nach anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik berechnet". Der BdV kritisierte, dass mit solch einer Klausel der Rückkaufswert "weitgehend beliebig" ermittelt werden könne. Der BGH folgte der Ansicht und kritisierte, dass ein Versicherungsnehmer, der nach zwei Jahren kündige, nur mit Mühen herausfinden könne, dass er nichts ausbezahlt bekommt und die Beiträge voll verloren seien.

Die Allianz Leben zeigte sich von den Beanstandungen des BGH überrascht. Der Gerichtshof sei weder dem Oberlandesgericht noch dem Landgericht Stuttgart gefolgt, die beide die Klage zuvor zurückgewiesen hatten. Allianz-Sprecher Markus Schwarzer wies außerdem darauf hin, dass alle Verträge gültig blieben, selbst wenn nun einige Klauseln unwirksam seien. "Auch an Leistungsverpflichtungen gegenüber unseren Kunden ändert sich nichts." Für Kunden, die zwischen Januar 1995 und Juni 2000 einen Vertrag abgeschlossen hätten, werde es deshalb keine höheren Rückkaufswerte und keine höheren beitragsfreien Versicherungssummen geben, sagte er. Denn nach Ansicht der Allianz beanstandeten die Richter "nur die intransparente Formulierung der Bedingungen, nicht aber deren Inhalt".

Beim BdV sieht man die Lage anders: Der Bund rät den Betroffenen, die Verträge bei den Versicherern prüfen zu lassen. "Wer nach 1995 einen Vertrag abgeschlossen und zwischenzeitlich gekündigt hat, sollte ihn von seiner Versicherung nochmal nachrechnen lassen", sagte BdV-Rechtsexperte Frank Braun. Möglicherweise stehe dem Kunden dann ein höherer Rückkaufswert zu.

Ingesamt zeigt sich der BdV mit dem Urteil zufrieden. "Wenngleich wir auch nicht auf ganzer Linie Erfolg hatten", wie Rechtsexperte Braun einräumte. Nicht Recht bekam der BdV bei seiner Rüge, die Regeln zur Überschussbeteiligung seien ebenfalls zu intransparent und deshalb unwirksam. Durch diese Klauseln wird der Kunde an den Kapitalerträgen der Versicherung beteiligt, ohne dass ihm ein fester Betrag garantiert wird. Nach Ansicht des BGH genügt jedoch der Hinweis der Versicherungen, dass der Überschuss unterschiedlich hoch ausfallen könne. Zu mehr sei die Versicherung nicht verpflichtet, zumal da sie auf die entsprechenden Gesetze hingewiesen habe.

Der BGH beanstandete auch, dass die Kosten für den Abschluss einer Lebensversicherung - etwa die Provision des Agenten - für den Versicherten nicht durchschaubar sind. Sie werden nicht in einer gesonderten Rechnung aufgelistet, sondern mit den ersten Versicherungsbeiträgen verrechnet. Dies verstoße gegen das Transparenzgebot des Gesetzes über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen. BdV-Geschäftsführer Hans-Dieter Meyer fordert, die Verrechnung der Kosten auf zehn Jahre zu strecken.

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