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Wirtschaft: Bush will Bilanztricksern das Handwerk legen

Berlin(mot). Die US-Regierung will mit schärferen Gesetzen und härteren Strafen das schwindende Vertrauen in die Finanzmärkte wieder herstellen.

Berlin(mot). Die US-Regierung will mit schärferen Gesetzen und härteren Strafen das schwindende Vertrauen in die Finanzmärkte wieder herstellen. Präsident George W. Bush sagte am Dienstag in einer Rede an der New Yorker Wall Street, seine Regierung werde mit voller Härte gegen Bilanzfälschungen und Korruption vorgehen. Er kündigte eine neue Einsatzgruppe zur Verfolgung von Wirtschaftskriminalität unter der Leitung des stellvertrenden Justizministers an und rief die Gerichte zu höheren Strafen gegen Betrüger auf. Die Firmenskandale um Enron und Worldcom hätten die Erholung der US-Wirtschaft gefährdet, sagte Bush.

Die Pläne des Präsidenten sehen vor, die Gefängnisstrafen für betrügerische Unternehmer auf maximal zehn Jahre zu erhöhen. Ferner soll die Börsenaufsicht SEC gestärkt werden. Im laufenden Haushaltsjahr soll sie 20 Millionen Dollar zusätzlich erhalten, mit denen sie 100 neue Beschäftigte einstellen soll; die SEC hat derzeit rund 3000 Beschäftigte. Im kommenden Haushaltsjahr soll das Budget der Behörde um 100 Millionen Dollar oder etwa 20 Prozent steigen.

Bush sagte vor rund 1000 Unternehmern, in der US-Wirtschaft müsse eine „neue Ära der Integrität“ anbrechen. Deshalb müssten das geltende Recht strikter umgesetzt und „höhere ethische Standards“ eingefürhrt werden. Derzeit agierten zu viele Unternehmen „losgelöst von den Werten unseres Landes“, kritisierte Bush. Es gebe langfristig „keinen Kapitalismus ohne Gewissen, keinen Wohlstand ohne Charakter“. In den Büchern der US-Unternehmen verstecken sich nach Angaben von Bush weitere Skandale. Die SEC habe deshalb die 1000 größten Unternehmen aufgefordert zu bescheinigen, dass ihre Bücher in den vergangenen Jahren korrekt geführt wurden.

Der Vorstoß der US-Regierung dürfte auch Folgen für den deutschen Finanzmarkt haben. Dax-Unternehmen wie SAP, Daimler-Chrysler oder die Deutsche Bank haben ihre Bilanzen komplett auf die Vorschriften nach US-GAAP umgestellt. Sollte das amerikanische Bilanzrecht verschärft werden, müssten auch die deutschen Konzerne handeln. „Dann haben auch wir etwas davon“, sagt der Sprecher der Union Fonds-Holding, der Investmentgesellschaft der Volks- und Raiffeisenbanken, Rolf Drees.

Konsequenzen könnte die Initiative Bushs insbesondere für die Aufsicht der Wirtschaftsprüfer haben. Bereits Ende Juni hatte die SEC ein neues Überwachungsgremium vorgestellt, das die Selbstkontrolle der Prüfer ersetzen soll. Der US-Kongress verabschiedete Mitte Juni zudem einen Gesetzentwurf, wonach in Zukunft eine Behörde in der Lage sein soll, verbindliche Buchprüfungs- und Ethikregeln festzulegen. In Deutschland kontrolliert sich die Branche noch weitgehend selbst: In so genannten „Peer Reviews“ nehmen sich Prüfer gegenseitig unter die Lupe. Bilanzierungsexperten wie der Saarbrücker Professor Karlheinz Küting kritisieren dieses Verfahren, weil es keine ausreichende „Kontrolle der Kontrolleure“ gewährleiste. Kritik kommt aber auch aus den ,Investmentgesellschaften. Union-Invest etwa fordert, die Haftungsgrenzen für Wirtschaftsprüfer deutlich anzuheben. „Die Prüfer müssen für Tricks mit höheren Summen haften, die auch nicht versicherbar sein dürfen“, sagt Sprecher Drees. Auch die Deutsche-Bank-Tochter DWS, Deutschlands größte Fondsgesellschaft, wünscht sich mehr Sanktionen gegen Bilanztrickser. „Die Abschaffung der Selbstkontrolle wäre ein richtiger Schritt“, sagt DWS-Sprecher Thomas Richter. Die DWS habe 5000 Aktiengesellschaften unter Beobachtung. „Wenn wir uns nicht mehr auf deren Bilanzen verlassen könnten, würde uns der Teppich unter den Füßen weggezogen“, so Richter. Statt die Haftungsregeln zu ändern, müsse das Strafrecht verschärft werden. „Prüfer, die bewusst falsche Zahlen testieren, sollten härter bestraft werden, auch mit Gefängsnisstrafen.“

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