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Wirtschaft: Cash Life AG übernimmt bestehende Verträge und wirbt mit dem Steuervorteil - Vorbild Großbritannien

Gibt es ein Geschäft, das allen nutzt? Ja, meint die in München ansässige Cash Life AG.

Gibt es ein Geschäft, das allen nutzt? Ja, meint die in München ansässige Cash Life AG. Sie hat vor kurzem damit begonnen, gebrauchte Lebensversicherungen aufzukaufen. Für den Kunden springe dabei oft deutlich mehr raus als bei einer Kündigung. "Bei uns geht es aber nicht darum, mit dem Tod zu spekulieren", sagt Vorstand Michael G. Hoesch, "vielmehr suchen wir über ausgefeilte Renditeberechnungen eine Lösung, bei der alle Beteiligten profitieren, wenn jemand seine Lebensversicherung nicht mehr zahlen kann."

Immerhin etwa jeder zweite Kunde, so zeigt eine Studie, steigt vorzeitig aus. Bei einer Kündigung zahlt der Versicherer dann den so genannten Rückkaufswert aus; das ist das bis dahin angesammelte Sparguthaben ("Deckungskapital") abzüglich einer Stornogebühr von bis zu 10 Prozent. Wer zu diesem Zeitpunkt noch keine zwölf Jahre Vertragslaufzeit hinter sich gebracht hat, dem greift zudem der Fiskus in die Tasche. Denn die bis dahin angefallenen Erträge sind steuerpflichtig. Pauschal führt der Versicherer 25 Prozent plus Solidaritätszuschlag davon ab, die endgültige Steuerlast ist abhängig vom persönlichen Steuersatz.

Bei einer Versicherungssumme von 250 000 Mark und einem Rückkaufswert von rund 160 000 Mark nach acht Jahren, so eine Beispielrechnung der Cash Life, sind pauschal rund 10 000 Mark an Steuern fällig - mindestens diesen Betrag könne der Kunde als Plus verbuchen, wenn er seine Police nicht kündigt, sondern verkauft (juristisch korrekt: abtritt) und einen Preis erhält, der "im Regelfall" dem Rückkaufswert entspricht. Der Vertrag bleibt in so einem Fall ohne Stornoabzug bestehen, und zwar mit dem Kunden als "versicherter Person"; alle Rechte und Pflichten (wie etwa die weitere Beitragszahlung) übernimmt hingegen die Cash Life. "Interessiert sind wir dabei ausschließlich an der Erlebensfallleistung", sagt Vorstand Hoesch. Um nicht in den Verdacht zu geraten, doch auf einen schnellen Tod der versicherten Person zu schielen, werde eine "nachträgliche Kaufpreiserhöhung" zugesichert. "Wird die Versicherungsleistung wegen eines Todes vorzeitig fällig, erhalten zum Beispiel die Erben einen Nachschlag in der Höhe, wie er sich aus der Differenz von Versicherungssumme und unserem verzinsten Kapitaleinsatz ergibt."

Für die Cash Life, eine Tochter der börsennotierten adv.orga Beteiligungsgesellschaft, sieht die Rechnung so aus: Sie erwirbt einen Vertrag samt Steuerpflicht, bei dem die durch Abschlusskosten entstandenen Anfangsverluste bereits erwirtschaftet wurden. Denn gekauft werden nur Verträge, die bereits mindestens drei Jahre lang laufen. "Der Gewinn für uns liegt darin - vereinfacht gesagt -, dass die weiteren Erträge der Police durch die Überschussanteile höher liegen als unsere Kapitalkosten. Wir rechnen dabei mit einer durchschnittlichen Rendite auf das eingesetzte Kapital von 8 bis 9 Prozent", erläutert Hoesch. Ob die Gesellschaft und der Tarif das gewährleisten, werde über ein eigenes "Pricing Modell" ermittelt, bei dem "vor allem die Finanzstärke des jeweiligen Versicherers berücksichtigt wird", so Hoesch weiter. "Aus Gründen der Refinanzierung kaufen wir grundsätzlich auch nur Verträge, deren Restlaufzeit zehn Jahre nicht übersteigt."

Angesichts von jährlichen Stornoauszahlungen deutscher Lebensversicherer in Milliardenhöhe, schätzt die Cash Life das Ankaufvolumen auf mehrere hundert Millionen Mark pro Jahr. Innerhalb weniger Wochen seit Aufnahme des Geschäftsbetriebes habe sie Vereinbarungen über Ankäufe zum Preis von rund 25 Millionen Mark getroffen. Das Vorbild für die Geschäftsidee liefert Großbritannien, wo der Ankauf von Lebenversicherungen seit Anfang der 90er Jahre in Schwung kam und es mittlerweile mehrere Investmentfonds gibt, die in Gebrauchtpolicen investieren.

Andreas Kunze

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