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Wirtschaft: Charles B. Blankart im Interview: Lernen von Leukerbad und New York

Berlin ist nicht Leukerbad. Und Berlin ist nicht New York.

Berlin ist nicht Leukerbad. Und Berlin ist nicht New York. Doch das kleine Dorf im Kanton Wallis und die große Metropole im Staat New York hatten einmal ähnliche Probleme wie Berlin - aber sie haben sie anders und besser gelöst. New York City war Mitte der 70er Jahr überschuldet und wurde damals vom Staat New York gerettet. Aber die Retter haben harte Auflagen formuliert, die auf einen radikalen kommunalen Personalabbau hinaus liefen. Die Kur schlug an: Anfang der 80er Jahre hatte sich New York erholt. Der Unterschied darf freilich nicht übersehen werden: New Yorks Probleme waren zyklischer Natur. Die Wirtschaftsstruktur der Stadt als Finanzzentrum blieb im Prinzip stabil. Berlins Wirtschaft dagegen ist - nach Krieg und Inseldasein - bis heute nicht auf die Beine gekommen.

Leukerbad, sechstgrößter Schweizer Ferienort und seit Goethes Zeiten auch den Deutschen gut bekannt, hat Ende der 90er Jahre Zahlungsunfähigkeit angemeldet. Man hatte lange Zeit - wie Berlin - satt über die Verhältnisse gelebt und sich im Filz von Politik, staatlichen Unternehmensmanagern und mächtigen Interessengruppen ganz gut eingerichtet. Das Ergebnis ist verheerend: Die Prokopfverschuldung in Leukerbad beträgt 280 000 Mark. Da haben es die Berliner fast noch gut, deren Verschuldung je Bürger durch die Bankenkrise jetzt "nur" auf 21 000 Mark gestiegen ist. Die Leukerbader wollten sich am Kanton schadlos halten. Denn auch die Schweiz lässt Kommunen nicht in den Konkurs gehen, selbst wenn sie faktisch pleite sind. Man stellt sie jedoch - wie New York - unter staatliche Zwangsverwaltung, um sie zu Reformen zu zwingen. Und der Kanton Wallis ist bis heute hart geblieben.

"Bailing Out" heißt der Fachbegriff der Ökonomen für den Versuch, unbeteiligte Dritte in Sippenhaft zu nehmen: Es ist die Hoffnung, dass im Konkursfall schon andere für die eigenen Sünden einspringen werden, weil sie dazu qua Gesetz verpflichtet sind (Länderfinanzausgleich, Gewährträgerhaftung) oder weil sie meinen, sie könnten sich den Bankrott großer Unternehmen, Institute oder Gebietskörperschaften nicht leisten ("too big to fail"). Wer darauf vertraut, von Dritten aus dem Sumpf herausgezogen zu werden, wird zu "Moral Hazard" verführt. Wenn bei Schäden andere einspringen, muss man sich vor dem Versicherungsfall weniger fürchten. Das ist die Falle.

ank

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