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Wirtschaft: Chefarztvisite auch bei Kassenpatienten

Krankenkassen bieten im kommenden Jahr neue Zusatztarife an

Berlin (hej). Der Wettbewerb unter den gesetzlichen Krankenkassen wird immer härter. Fast alle Kassen verhandeln derzeit mit privaten Krankenversicherern (PKV) über spezielle Zusatztarife, die exklusiv ihren Mitgliedern offen stehen sollen. Verbraucherschützer warnen vor der damit verbundenen Unübersichtlichkeit: „Die Wahl der richtigen Krankenkasse wird für die Verbraucher ein Riesenproblem“, sagte der Gesundheitsexperte des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen (vzbv), Stefan Etgeton.

Die Gesundheitsreform erlaubt den Krankenkassen, ab dem 1. Januar 2004 mit privaten Krankenversicherern zu kooperieren und Zusatzpolicen für Brillen oder das ZweiBett-Zimmer im Krankenhaus anzubieten. Wie die Zusatzverträge aussehen, ist dabei von Kasse zu Kasse unterschiedlich. Während die Deutsche Angestellten Krankenkasse (DAK) drei verschieden umfangreiche Pakete schnüren will, wird die Kaufmännische Krankenkasse (KKH) wohl ein Basispaket anbieten, das mit weiteren kleinen Paketen ergänzt werden kann. Inhalt des Basispakets dürften die Erstattung von Kosten für Naturheilverfahren, Zahnersatz und Brillen sowie eine Auslandsreisekrankenversicherung sein. Geplant sind auch Zusatztarife für Klinikaufenthalte. Einzelheiten will die KKH nächste Woche vorstellen.

Die Barmer Ersatzkasse ist schneller. An diesem Dienstag wird der Verwaltungsrat das neue Leistungspaket beschließen, am Mittwoch sollen die Angebote öffentlich vorgestellt werden. „Wir haben für unsere Versicherten günstige Konditionen herausverhandelt“, sagt Barmer-Sprecher Thorsten Jakob. Wie hoch der Rabatt ausfällt, lasse sich jedoch nicht genau sagen. Denn die privaten Versicherer zimmern auf Wunsch der gesetzlichen Kassen individuelle Pakete, die sich mit den herkömmlichen Zusatztarifen kaum vergleichen lassen.

Auch die Konkurrenz arbeitet auf Hochtouren. „Wir stecken mitten in der Vorbereitung“, heißt es bei der Techniker Krankenkasse. Auch der AOK-Bundesverband überlegt, seinen Versicherten private Zusatztarife anzubieten. Der Vorteil: Gerade die großen Krankenkassen können ihre Marktmacht ausnutzen und bei den privaten Versicherern Sondertarife herausschlagen. Immerhin hat die AOK 26 Millionen Mitglieder, die Barmer acht Millionen.

In der PKV-Branche sieht man die aktuelle Entwicklung mit gemischten Gefühlen. „Der neue Markt ist für uns strategisch wichtig“, sagt Frank Neuhaus von der Deutschen Krankenversicherung (DKV). Allianz und Debeka sind zurückhaltender. Der Grund: Die Kooperation zwischen gesetzlichen und privaten Kassen wirft grundsätzliche Probleme auf. Während in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) Familienangehörige kostenlos mitversichert sind, braucht in der PKV grundsätzlich jeder Versicherte einen eigenen Vertrag. Anders als in der GKV muss man in der privaten Krankenversicherung zudem eine Gesundheitsprüfung ablegen, bevor man Mitglied wird. Und zu klären ist auch die Frage, was mit der Zusatzversicherung passiert, wenn man die Kasse wechselt.

Verbraucherschützer fürchten, dass die Kunden von den neuen Angeboten völlig überfordert werden. Um die günstigste Krankenkasse zu finden, muss man künftig nicht nur die Beitragssätze vergleichen, sondern auch noch die Bonus- und Selbstbehaltsprogramme sowie die Zusatztarife, kritisiert vzbv-Experte Etgeton. Der vzbv wird seine Datenbank mit den Angaben aller Krankenkassen zwar entsprechend aufrüsten, damit aber erst 2005 fertig sein, bedauerte Etgeton.

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