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Wirtschaft: Chefaufseher verlässt Bayer

Manfred Schneider will Posten im Herbst abgeben.

Düsseldorf - Am 27. April wird Manfred Schneider einen Rekord aufstellen. Zum 26. Mal steht Mister Bayer dann vor den Aktionären des Chemie- und Pharmakonzerns. So viele Hauptversammlungen hat vor ihm kein deutscher Topmanager bei einem Konzern mitgemacht, zumindest nicht in diesen Funktionen: Lange als einfacher Vorstand bei Bayer, zehn Jahre als Chef des Leverkusener Konzerns, seit 2002 als Vorsitzender des Aufsichtsrates. Diesmal wird es selbst für den Routinier ein schwerer Tag. Es ist sein Abschied.

Schneider, mit weiteren Mandaten bei Linde und RWE der mächtigste Aufseher der Republik, will die Bayer-Kontrolle an Werner Wenning übergeben. Das Ungewöhnliche daran: der Wechsel erfolgt erst im Herbst, die Aktionäre sollen aber schon Ende April zustimmen. Der Umweg ist notwendig, weil sich Wenning noch in der Karenzzeit befindet. Er war Schneiders Nachfolger auf dem Posten des Bayer-Vorstandschefs und trat erst vor etwas mehr als einem Jahr ab.

Seit 2010 verbietet das Aktiengesetz den unmittelbaren Wechsel vom Vorstand in den Aufsichtsrat desselben Unternehmens. Zwei Jahre beträgt die Karenzzeit. Der Gesetzgeber will damit die Unabhängigkeit der Kontrolleure stärken. Deutschlands Manager liefen dagegen Sturm – allen voran Schneider. Dass ein Vorstandsvorsitzender nach Dienstende in den Aufsichtsrat wechselt, ist für den 73-Jährigen selbstverständlich.

Jetzt greift er zu einem juristischen Kniff: Am 1. Oktober dieses Jahres hat Wenning im Sinne des Gesetzes die Karenzzeit hinter sich gebracht, dann könnte er in den Aufsichtsrat eintreten und sich zum Vorsitzenden wählen lassen. Die Hauptversammlung ist aber schon Ende April. Die Aktionäre, so Schneiders Plan, sollen Wenning auf Vorrat in den Aufsichtsrat wählen, Schneider räumt im Herbst den Platz – alles Weitere sind Formalien. Der Bayer-Kontrolleur gibt seine Macht aber nicht ohne Gegenleistung ab: Im Tausch für den Chefposten in der Aktiengesellschaft will der Fußballfan den Vorsitz im Gesellschafterausschuss des Bundesligavereins Bayer Leverkusen. Und dessen aktueller Amtsinhaber, Werner Wenning, wird sich dem Geschäft vermutlich nicht verschließen.

Der Ausstieg bei Bayer ist zugleich Schneiders erster Schritt, sein Erbe zu ordnen. Auch bei Linde und RWE ist er Chefaufseher. Beim Stromkonzern RWE ist seine Mission fast erfüllt, der Generationswechsel eingeleitet. Doch auf der Hauptversammlung 2011 ließ sich Schneider für weitere fünf Jahre wählen. Eine Notlösung, für die sogar gegen die Geschäftsordnung von RWE verstoßen wurde. RWE- Räte sollen bei ihrer Wahl nicht älter als 72 Jahre sein. Doch weil der damalige Thyssen-Krupp-Chef Ekkehard Schulz zum wiederholten Male abgesagt hatte, ließ sich Schneider „noch einmal in die Pflicht nehmen“. Im RWE-Aufsichtsrat wächst der Druck. Die „Neuregelung der Aufsichtsratsspitze hat jetzt Priorität“, sagte einer der Konzernkontrolleure. D. Fockenbrock/J. Flauger (HB)

D. Fockenbrock, J. Flauger (HB)

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