zum Hauptinhalt

Wirtschaft: China läuft heiß

Wirtschaft wächst um elf Prozent – ohne Inflation

Peking - Chinas Wirtschaft ist im ersten Halbjahr schneller als erwartet um 10,9 Prozent gewachsen. Wie das Nationale Statistikamt am Dienstag in Peking mitteilte, betrug der Anstieg des Bruttoinlandsproduktes im zweiten Quartal gegenüber dem Vorjahreszeitraum sogar 11,3 Prozent. Zuletzt war China Mitte der 90er Jahre so schnell gewachsen. Experten rechneten damit, dass die Regierung in den kommenden Monaten die Maßnahmen zur Abkühlung der Wirtschaft verstärken wird.

Obwohl die Wachstumszahlen deutlich über dem Ziel der Regierung lagen, äußerte sich der Sprecher des Statistischen Amtes, Zheng Jingping, zuversichtlich über die Stabilität der weiteren Entwicklung. „Für das Gesamtjahr sehen wir eine gute wirtschaftliche Gesamtsituation, allerdings mit einem etwas zu schnellen Wachstum.“ Vor allem der Bauboom und die hohe Kreditvergabe müssen gebremst werden, betonte Zheng. Als positives Signal bezeichnete er den geringen Preisanstieg, der seinen Angaben zufolge in der ersten Jahreshälfte 1,3 Prozent betrug.

Wachstumsmotor der chinesischen Industrie waren, wie in den vergangenen Jahren, die Exporte. Sie stiegen in den ersten sechs Monaten den Angaben zufolge um 25,2 Prozent auf 428 Milliarden Dollar. Viele der Exportgüter werden in China jedoch nur endverarbeitet. Die Importe legten in dem gleichen Zeitraum deshalb ebenfalls kräftig um 21,3 Prozent auf 367,1 Milliarden Dollar zu.

Experten rechnen damit, dass der Boom der nach Deutschland viertgrößten Wirtschaftsnation der Erde anhalten wird. Kann Chinas Wirtschaft ihr Tempo halten, wird sie schon in zwei Jahren größer sein als die deutsche. „Angesichts der starken wirtschaftlichen Dynamik glaube ich, dass das Wachstum für das Gesamtjahr elf Prozent übersteigen wird“, sagte Gao Shanwen, Chefökonom der Wertpapierfirma Everbright in Shanghai. Ähnlich schnell war China zuletzt 1994 gewachsen, damals betrug der Zuwachs 13,1 Prozent. Zwischen 2003 und 2005 verzeichnete das Land ein durchschnittliches Wachstum von zehn Prozent.

Die neuen Zahlen erhöhen den Druck auf Peking, das Wachstum abzukühlen. „Die chinesischen Behörden mühen sich, um die durchbrennende Wirtschaft wieder unter Kontrolle zu bekommen“, schreibt Stephen Roach, Chefökonom bei Morgan Stanley. Das Wachstum sei viel stärker als erwartet, sagten Analysten von Lehman Brothers. Experten warnen seit längerem vor Überkapazitäten in der Industrieproduktion und einer Spekulationsblase am Immobilienmarkt. Nach Angaben des Handelsministeriums übersteigt bei rund 70 Prozent aller Konsumgüterin China das Angebot die Nachfrage. Trotzdem sind die Investitionen in Gebäude und Fabriken in den ersten fünf Monaten im Vergleich zu 2005 um 30 Prozent auf 318 Milliarden Dollar in die Höhe geschnellt.

In den Metropolen Peking, Shanghai und Kanton aber auch in Städten im Hinterland explodieren die Immobilienpreise. Um die zum Teil wilden Spekulationen einzudämmen, hat die Regierung Fristen festgesetzt, in denen Wohnungen nicht weiterverkauft werden dürfen. Auch wurden die Bedingungen für ausländische Investoren, die in China Immobilien erwerben wollen, verschärft. Um Investitionen zu drosseln, erhöhte die Zentralbank im April die Leitzinsen.

Trotz der heiß laufenden Wirtschaft will Peking jedoch an der strengen Währungspolitik festhalten. Die USA und zunehmend auch Experten in China fordern von Peking, den Yuan deutlich aufzuwerten und damit das Wachstum bei den Exporten zu drosseln. Vor einem Jahr hatte Peking die bis dahin strenge Anbindung des Yuan an den US-Dollar gelockert. Allerdings erlaubte Pekings Zentralbank nur einen Anstieg des Yuan um 1,4 Prozent – das ist weniger, als andere Währungen an einem Tag schwanken. Vor allem die Regierung in Washington sieht darin einen unfairen Wettbewerbsvorteil für chinesische Firmen, die durch diese Politik ihre Produkte billiger im Ausland absetzen können.

„Die Reform des Yuan-Wechselkursmechanismus war erfolgreich“, rechtfertigte Sprecher Zheng die Geldpolitik seiner Regierung. Spekulanten, die auf eine rasche Aufwertung der chinesischen Währung setzten, seien „zum Untergang verdammt“.

Harald Maas

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false