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China: Träume aus Beton

Immobilienbesitz hat in China Tradition. Doch derzeit können nur wenige eine Eigentumswohnung kaufen.

Chinas Führung versucht, die explosionsartig gestiegenen Immobilienpreise in den Griff zu bekommen. Noch im vergangenen Jahr hatte Peking den ansonsten streng kontrollierten Immobilienmarkt laufen lassen, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Mittlerweile bemüht sich die Regierung aber, den Preisanstieg einzudämmen. Besonders sorgenvoll schaut sie auf den Wohnungsmarkt. Um Spekulationen mit Immobilien einzuschränken, plant die Regierung unter anderem die Einführung einer Grundsteuer, die aber nur Luxusimmobilien und Eigentümer von mehr als einer Wohnung betreffen soll, wie es jüngst in chinesischen Medien hieß.

Daneben hat Peking bereits die Überwachung der Finanzierung von Bauprojekten verstärkt, die Kreditvergabe für den Kauf von Drittimmobilien eingeschränkt, die Mindesthypothekensätze angehoben und die Rückzahlungsbedingungen für den Erwerb von Zweitimmobilien verschärft. Maßnahmen, die Chinas Bankenaufsicht CBRC für dringend notwendig hält. „Das Risiko einer Kettenreaktion bei Krediten im Immobilienbereich bedarf der Aufmerksamkeit“, heißt es im gerade veröffentlichten Jahresbericht. Mehrmals hatte sie in der Vergangenheit gefordert, Banken bei der Kreditvergabe für Immobilienprojekte genauer zu kontrollieren: „Die Gefahr, dass 2010 Kreditanlagen zu substanziellen Risiken und Verlusten werden, hat sich erhöht.“

Anfang des Jahres hatte die Regierung Spekulationen und die Preisexplosion im Immobiliensektor ins Visier genommen. Auf dem Volkskongress im März hatte Ministerpräsident Wen Jiabao bekräftigt, dass China entschlossen sei, das übermäßige Wachstum der Immobilienpreise in den Großstädten zu bremsen. Die chinesische Führung sorgt sich besonders um die steigenden Wohnungspreise, da diese für Unmut in der Bevölkerung sorgen. Denn wer in China Geld übrig hat, kauft sich eine Wohnung. Immobilienbesitz ist traditionell von großer Bedeutung. Doch die Preisexplosion im letzten Jahr hat es besonders der wachsenden Mittelschicht schwer gemacht, sich den Traum von einer größeren Wohnung zu verwirklichen. „Die Zentralregierung in Peking ist in einer schwierigen Lage“, sagt der Marktexperte Paul Schittek von der US-Beratungsfirma Tigerpacs, die auch Unternehmen in China betreut. „Auf der einen Seite will sie das Wirtschaftswachstum stärken, auf der anderen Seite Frieden und politische Stabilität bewahren. Zwei Ziele, die nicht immer vollkommen kompatibel sind.“

Der Plan der chinesischen Führung, eine Grundsteuer einzuführen, hat die Immobilienbranche aufgeschreckt. „Die Öffentlichkeit scheint überzeugt, dass es die Regierung mit der Zügelung der Immobilienspekulationen ernst meint. Das bremst Käufer und Investoren, die Immobilienprojekte nun erst einmal verschieben. Das wiederum führt zu einer Verlangsamung des Preisanstiegs bei Immobilien“, sagt Paul Schittek. Zwar vermelden Großstädte wie Schanghai und Peking Rückgänge bei Immobilienverkäufen, auf die Immobilienpreise hat sich dies aber bisher kaum niedergeschlagen. Nach Angaben des chinesischen Statistikamtes verlangsamte sich der Preisanstieg im Mai zum Vormonat lediglich um 0,4 Prozent. Im Mai sind die Immobilienpreise erneut gestiegen – um 12,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat.

Zumindest vorerst schlechte Nachrichten für viele Chinesen, die von einer neuen Wohnung träumen. So wie Shang Zhibing und seine Familie aus Schanghai. Seit beinahe 20 Jahren wohnt er in einer 35 Quadratmeter großen Wohnung. Zusammen mit seiner Frau ist er damals in die Zweizimmerwohnung gezogen. Doch mittlerweile haben sie einen Sohn, und auch die Großmutter lebt bei ihnen.

„Wir wollten Geld sparen, ein Kind bekommen und dann in eine größere Wohnung umziehen. Doch gerade in den letzten beiden Jahren sind die Quadratmeterpreise enorm gestiegen“, sagt Shang Zhibing, der für einen Touristikdienstleister arbeitet. Obwohl er umgerechnet rund 800 Euro im Monat verdient, was etwa dem Doppelten des Durchschnittslohns in Schanghai entspricht, wird er sich die gewünschte Dreizimmerwohnung erst einmal nicht leisten können.

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