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Chipindustrie: Infineon verkauft das letzte Tafelsilber

Um die prekäre Finanzlage zu entspannen, verkauft der Chipkonzern Infineon Teile seines Geschäfts an den US-Investor Golden Gate Capital. Gewerkschafter kritisieren den Deal des Unternehmens.

Der Münchner Chipkonzern Infineon kämpft mit allen Mitteln um ausreichende Liquidität. Um die prekäre Finanzlage zu entspannen, verkauft das chronisch defizitäre Unternehmen Teile seines Geschäfts mit Telefonchips für 250 Millionen Euro an den US-Investor Golden Gate Capital. „Die Veräußerung leistet einen wesentlichen Beitrag zur Refinanzierung bestehender Schulden“, sagte Infineon-Chef Peter Bauer in München. Ganz sei der Finanzbedarf aber noch nicht gestillt. Weitere Maßnahmen seien möglich. Vom jetzigen Verkauf betroffen sind rund 900 der noch 29 000 Infineon-Beschäftigten.

Gewerkschafter kritisierten das Vorgehen des Chipkonzerns scharf. „Nach Personalabbau, Austritt aus dem Arbeitgeberverband und Verweigerung der Tariferhöhung werden die Beschäftigten nun schon wieder zum Bauernopfer für das Missmanagement der letzten Jahre“, wetterte Bayerns IG Metall-Chef Werner Neugebauer. Infineon betreibe die phantasieloseste Form des Krisenmanagements und verkaufe das Personal ohne jede tarifvertragliche Absicherung in eine ungewisse Zukunft.

Chipindustrie in ihrer schwersten Krise

Die Sparte mit dem Kürzel WLC, die zuletzt ein Zehntel aller Infineon-Umsätze von gut vier Milliarden Euro beisteuerte und als einziger Geschäftsteil noch schwarze Zahlen schrieb, sei „bestens aufgestellt, um auf eigenen Beinen zu stehen“, konterte Bauer. Arbeitsplatzgarantien gebe es zwar nicht, alle Produkte, Standorte und Entwicklungsprojekte würden aber vom neuen Eigner fortgeführt. Der jetzige Verkauf erhöht die Barreserven von Infineon auf gut eine Milliarde Euro. Dem stehen Schulden von knapp 700 Millionen Euro gegenüber. Da die Chipindustrie in ihrer schlimmsten Krise steckt, sei das Thema Liquiditätssicherung noch nicht abgeschlossen, stellte Bauer klar. „Das klingt schwer nach Notverkauf“, kommentiert Aktionärsschützerin Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Mit Blick auf die Kapitalnot von Infineon sei es aber wohl die einzige Überlebenschance. Langsam stelle sich dennoch die Frage, ob Infineon nach der jahrelangen Schrumpfkur noch über eine kritische Masse verfüge oder sich zum Übernahmekandidaten gemacht habe. (tmh)

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