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Job auf Zeit. Viele Leiharbeiter sind in der Reinigungsbranche tätig. Foto: p-a/dpa

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Wirtschaft: Christen bei Zeitarbeit nicht tariffähig Das Bundesarbeitsgericht stärkt

die Großgewerkschaften

Berlin - Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hat am Dienstag der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) die Tariffähigkeit abgesprochen. Aus dem Gericht hieß es, die CGZP sei kein gewerkschaftlicher Spitzenverband im rechtlichen Sinne, obwohl er als solcher mit Arbeitgebern verhandelt hat. Trotz der vielen von diesem christlichen Arbeitnehmerverbund abgeschlossenen Tarifverträge deckten die einzelnen CGZP-Organisationen nicht das gesamte Spektrum der vielschichtigen Zeitarbeitsbranche ab. Genau das hatte die CGZP aber beansprucht, war jedoch damit vor etwa einem Jahr beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg gescheitert.

Das Gericht äußerte sich in der mündlichen Begründung des Beschlusses nicht darüber, ob der CGZP wie anderen christlichen Gewerkschaften wegen zu weniger Mitglieder die erforderliche Durchsetzungsmacht fehle. Konkurrierende Großgewerkschaften wie Verdi und die IG Metall hatten immer wieder angeführt, den kleineren christlichen Arbeitnehmerverbänden fehle die „nötige Sozialmächtigkeit“. Nach gültiger Rechtsprechung müssen Gewerkschaften ausreichend schlagkräftig sein, um wirklich unabhängig vom Arbeitgeber die Interessen ihrer Mitglieder vertreten zu können.

Im Fall der CGZP hatte Verdi mit dem Land Berlin auf die gerichtliche Feststellung der fehlenden Tariffähigkeit der christlichen Tarifgemeinschaft geklagt. Diese habe sich zum Nachteil von Beschäftigten den Arbeitgebern mit Dumpinglohnabschlüssen als Partner angeboten. Berlins Arbeitssenatorin Carola Bluhm (Linke) nannte den Beschluss einen „tarifpolitischen Meilenstein“ mit Konsequenzen für mehr als 200 000 Leiharbeiter bundesweit. Verdi-Vize Gerd Herzberg erklärte, die Entscheidung verbessere die rechtliche und finanzielle Situation der Beschäftigten. Nun könnten Gefälligkeitstarifverträge in der Branche unterbunden werden und mehr als 200 000 Arbeitnehmer von Nachforderungen profitieren. Hintergrund ist das sogenannte Equal-Pay-Gebot. Danach sollen Zeitarbeiter den gleichen Lohn wie die Stammbelegschaft bekommen, wenn für sie nicht schon ein eigenständiger Tarifvertrag gilt. Da die CGZP-Tarife nun unwirksam sein dürften, drohen den Unternehmen, die nach diesen Verträgen ihre Leiharbeiter entlohnt haben, nach Einschätzung einiger Juristen mehrere Millionen Euro an Nachzahlungen: Christliche Tarife sahen zuweilen mehrere Euro pro Stunde weniger vor, als die Stammbelegschaft im jeweiligen Unternehmen bekommen hatte – auf tausende Arbeiter und mehrere Monate gerechnet eine hohe Summe. Eine Sprecherin des Gerichtes erklärte aber ausdrücklich, dass sich aus diesem Beschluss keine Nachzahlungsverpflichtungen ableiten lassen.

Michael Sommer, Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), dem Verdi und die IG Metall angehören, sagte am Dienstag in Berlin: „Mit dem Urteil sind wir einen Schritt weiter auf dem langen Weg, Tarifdumping zu unterbinden.“ Die IG Metall nannte die Entscheidung „ein unübersehbares Signal an die Arbeitgeber, nicht länger Pseudogewerkschaften zum Lohndumping einzusetzen“. In der Vergangenheit sind die DGB-Gewerkschaften immer wieder gegen christliche Verbände vorgegangen. Häufig folgten ihnen die Gerichte.

Der Vizepräsident des Bundesverbands Zeitarbeit BZA, Thomas Bäumer, nannte den Beschluss „bedauerlich“. Außerdem sprach der Arbeitgebersprecher von einer „offenbar politischen Motivation des Verfahrens“, die CGZP sollte als unliebsame Gewerkschaft in der Zeitarbeit beseitigt werden. Tarifexperten von Verdi und der IG Metall sagten dem Tagesspiegel: „Stimmt, die Billigkonkurrenz sollte weg.“ Hannes Heine

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