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Wirtschaft: Christliche Konkurrenz für die IG Metall

CGM-Tarifvertrag beim Kabelhersteller Nexans sieht bis zu 16 Prozent Einbußen für Beschäftigte vor

Berlin - Im langjährigen Konflikt zwischen IG Metall und der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM) gibt es einen neuen Höhepunkt. Nachdem die CGM für gut 1800 Beschäftigte des Kabelherstellers Nexans Deutschland Industries einen Tarifvertrag abgeschlossen hat, der deutlich unterhalb des Metalltarifs liegt, will die IG Metall mit Protestaktionen und juristischen Mitteln dagegen vorgehen. An den vier deutschen Nexans- Standorten (Hannover, Mönchengladbach, Nürnberg und dem thüringischen Vacha) soll die Produktion in den nächsten Tagen durch Betriebsversammlungen gestört werden; am 7. November will die Gewerkschaft anlässlich einer Aufsichtsratssitzung von Nexans in Hannover „kräftig mobilisieren“.

Der französische Konzern Nexans ist einer der führenden Hersteller von Kupfer- und Glasfaserkabeln. Nachdem sich die deutsche Nexans-Tochter im vergangenen Jahr nicht mit der zuständigen IG Metall auf eine Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich an den hiesigen Standorten einigen konnte, sprang die Christengewerkschaft CGM ein und verabredete längere Arbeitszeiten und weniger Geld. Nach Berechnungen der IG Metall können die Einbußen bis zu 16,67 Prozent betragen. Die CGM argumentiert, mit der Einbuße werde „einem weiteren Arbeitsplatzabbau vorgebeugt“. Seit dem 1. November gelte nun ein neuer Tarifvertrag, der „eine schrittweise Anpassung der Arbeitszeit und gleichzeitig von jedem Mitarbeiter eine Investition in die Zukunft seines Arbeitsplatzes“ vorsieht.

Das Unternehmen selbst führt die Wettbewerber aus Süd- und Osteuropa an, die einen „hohen Kostendruck“ auf die deutschen Werke ausübten. Einsparungen von zehn Millionen Euro per anno seien deshalb erforderlich. Die CGM zitiert in einer Mitteilung ihren stellvertretenden Bundesvorsitzenden Detlef Lutz: „Wir hatten die Wahl abzuwarten, bis die französische Mutter die Standorte nach Osteuropa verlegt, oder den Mut zu einem neuen Tarifvertrag zu haben, der die Standorte in Deutschland sichern wird.“

Ob der neue Tarifvertrag anstelle des alten, mit der IG Metall geschlossenen Vertrags treten darf, ist umstritten. Nexans muss sich jedenfalls auf eine Flut von Klagen einstellen, wenn nach der nächsten Gehaltsabrechnung Ende des Monats Beschäftigte die Lohndifferenz zwischen Christen- und Metalltarif fordern werden. In den Zwischenzeit wird die IG Metall mit Protesten und womöglich auch Streiks Druck auf die Geschäftsführung machen. Nach Angaben der Gewerkschaft sind allein in den vergangenen acht Tagen rund 500 Nexans-Mitarbeiter der IG Metall beigetreten.

Die Gewerkschaft mit rund 2,5 Millionen Mitgliedern befindet sich im juristischen Dauerclinch mit der CGM, die nach eigenen Angaben 98000 Mitglieder zählt. Nachdem die IG Metall einen Prozess vor dem Arbeitsgericht Stuttgart gewonnen hatte und der CGM der Status einer Gewerkschaft mangels Mitgliedschaft und Durchsetzungskraft aberkannt worden war, gewannen die Christen die nächste Instanz vor dem Landesarbeitsgericht Stuttgart. Das war vor gut einem Jahr. Die nächste Runde findet vor dem Bundesarbeitsgericht statt - vermutlich erst 2007.

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