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CO2-Vorgaben

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CO2-Vorgaben: EU plant Sanktionen gegen Autobauer

Laut EU sollen CO2-Vorgaben sollen künftig nach Gewicht der Neuwagen gestaffelt werden. So werden die Hersteller für die Überschreitung von Höchstwerten beim Kohlendioxidausstoß zur Kasse gebeten.

Den deutschen Automobilbauern drohen wegen der Klimaschutzpolitik der EU finanzielle Sanktionen. Wie das „Handelsblatt“ aus Brüsseler Branchenkreisen und der EU-Kommission erfuhr, erwägt die EU, die geplanten gesetzlichen CO2-Höchstwerte für Neuwagen nach Gewichtsklassen zu staffeln. Gleichzeitig soll ein Bußgeldmechanismus die Einhaltung der Höchstwerte garantieren.

Die Kommission hatte im Februar beschlossen, dass Neuwagen in der EU vom Jahr 2012 an im Durchschnitt nur noch 130 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer ausstoßen dürfen. Zehn weitere Gramm CO2 sollen durch flankierende Maßnahmen wie den verstärkten Einsatz von Biokraftstoff eingespart werden. Derzeit liegt der Kohlendioxidausstoß der europäischen Flotten bei durchschnittlich 160 Gramm.

Jetzt zeichnet sich ab, dass diese pauschale Vorgabe nach Gewichtsklassen gestaffelt werden soll. Schwere Limousinen dürfen demnach mehr Emissionen ausstoßen als Klein- und Mittelklassewagen. Bei dem Durchschnittswert von 130 Gramm soll es aber bleiben. Das bedeutet in der Praxis, dass die CO2-Zuschläge für höhere Gewichtsklassen von den Herstellern von Kleinwagen durch verstärkte Klimaschutzanstrengungen ausgeglichen werden müssen.

Vom Tisch ist die Forderung französischer und italienischer Hersteller nach einer EU-weiten Einheitsvorgabe von 130 Gramm für jeden einzelnen Hersteller. Produzenten wie Porsche, die keine Modelle im klimafreundlichen Massenmarkt anbieten, wären damit in Existenznöte gekommen.

Ein nach Gewichtsklassen gestaffeltes System von CO2-Grenzwerten will die deutsche Automobilbranche mittragen. Sie wehrt sich jedoch gegen Überlegungen der EU-Kommission, dieses System mit brancheninternen Strafzahlungen zu kombinieren. Das System soll sich am Emissionshandel orientieren. Ein Automobilkonzern, der es nicht schafft, den Höchstwert einer Klasse einzuhalten, müsste Abgaben an Hersteller zahlen, die die Vorgaben erfüllen oder sogar darunter liegen. Für einige deutsche Hersteller könnte dieses System empfindliche finanzielle Sanktionen mit sich bringen.

„Die geplanten gesetzlichen Höchstwerte für Kohlendioxid werden ohne ein Bonus-Malus-System nicht funktionieren“, sagte ein hochrangiger Mitarbeiter des Brüsseler Branchenverbandes ACEA dem „Handelsblatt“.

Im September will die EU-Kommission darlegen, wie die Pläne konkret in die Praxis umgesetzt werden können. Aus dem Umfeld von EU-Industriekommissar Günter Verheugen verlautete, acht Varianten stünden zur Diskussion.

„Die Werte werden ambitioniert sein, sich aber an den realistischen Möglichkeiten jedes Herstellers orientieren“, sagte der CDU-Europaabgeordnete Karl- Heinz Florenz, Klimaschutzexperte seiner Fraktion. De facto führe die EU mit einem solchen Mechanismus ein Emissionshandelssystem für den Automobilbau ein, so Florenz. Das Europaparlament und die EU-Mitgliedstaaten sind an der Umsetzung gesetzlicher Abgasnormen für Neuwagen beteiligt.

Nach dem Sanktionsmodell erhöht sich nicht nur für die Hersteller PS-starker Luxusfahrzeuge der Druck, in umweltfreundliche Fahrzeug- und Motorentechnologie zu investieren. Auch die Kleinwagenbauer wären gezwungen, sich noch mehr anzustrengen. Denn Fiat, Polo und Co. müssten mit niedrigen Grenzwerten unterhalb von 130 Gramm CO2 pro Kilometer ausgleichen, was den schweren Spritfressern im Luxussegment zugestanden wird.

„Wir haben bei ACEA eine klare Vereinbarung getroffen, dass wir keine Einheitsvorgabe wollen, sondern eine Differenzierung auf Basis des Gewichts. Das ist ein Ansatz, wie er in Japan bereits mit Erfolg praktiziert wird“, sagte VDA-Präsident Matthias Wissmann dem „Handelsblatt“. Diese Lösung ermögliche es, die Lasten zwischen den Herstellern gerecht zu verteilen.

Insbesondere die deutschen Premiumhersteller hatten sich lange gegen eine einheitliche, für alle Fahrzeugtypen geltende CO2-Obergrenze gewehrt. Deutsche Automobilkonzerne unterstützen die Differenzierung nach Gewichtsklassen. Dagegen hatten etwa Franzosen und Italiener, die besonders im Segment verbrauchsarmer Kompaktfahrzeuge stark sind, eine solche Lösung propagiert.

Die deutschen Hersteller halten auch die Einführung eines Sanktionsmechanismus grundsätzlich für richtig. Allerdings wehrt sich die Branche gegen ein internes Emissionshandelssystem. „Wir haben nicht die Absicht, dauerhaft Bußgelder nach Italien und Frankreich zu überweisen“, hieß es aus Kreisen des VDA. Ein solcher „Geldverschiebebahnhof“ mache keinen Sinn. Vielmehr müssten etwaige Strafzahlungen entweder an die Nationalstaaten oder an die EU-Kommission abgeführt werden.

Michael Scheerer, Klaus Stratmann

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