zum Hauptinhalt
Alte Tante Cola. Bis zur Konturflasche war es ein langer Weg. Vorbild war angeblich der Körper einer Frau. Erfunden haben soll sie ein Buchhalter, der auch den geschwungenen Schriftzug kreierte.

© promo

Coca Cola wird 125: Die Brause des Präsidenten

Coca-Cola ist die wertvollste Marke der Welt. Dahinter steckt eine gekonnte Inszenierung. Auch an an diesem Wochenende wird das wieder zu sehen sein.

Das Kamel, so erzählt man sich in der judäischen Wüste, liebt die Coca-Cola. „Man kann ihm Pepsi geben, oder Mirinda, es wird sie nicht trinken“, sagt ein alter Beduine. „Das Kamel trinkt nur die Coca-Cola.“ Egal, ob die Geschichte wahr oder nur ein Märchen aus tausendundeiner Nacht ist; dass man sie dort, auf der arabischen Halbinsel erzählt, zeigt, was einem Unternehmen auf der anderen Seite der Welt gelungen ist: Es hat aus einem Getränk, das aus kaum mehr als Wasser und Zucker besteht, aus einer dunkelbraunen, klebrig-süßen Plörre eine Marke gemacht, eine Mega-Marke, nach Schätzungen der Agentur Interbrand die wertvollste Marke der Welt.

Mega-Marken, sagt Henning Rossa, Direktor für Markenforschung bei TNS Infratest, zeichnen sich durch drei Errungenschaften aus: Sie transportieren, erstens, eine klare Botschaft, wenige Worte, die in den Köpfen der Konsumenten verankert sind. Sie sind, zweitens, stets präsent, überall zu sehen und überall zu kaufen. Drittens werden diese Marken immer wieder inszeniert und zwar immer außergewöhnlich und immer perfekt.

Die Geschichte der Coca-Cola liest sich wie ein Praxisbeispiel für Rossas Marken-Theorie. Dass die Konzernstrategen inszenieren können, haben sie nicht nur 1996 bewiesen, als sie aus der Olympiade in ihrer Heimatstadt Atlanta Coca-Cola-Spiele machten. Sie sorgten dafür, dass kaum ein Fernsehbild ohne den rot-weißen Schriftzug um die Welt ging. Die Botschaft dazu war simpel: „Always Coca Cola“. Laut „New York Times“ hat sich der Konzern das Spektakel 300 Millionen Dollar kosten lassen, böse Zungen behaupten, das olympische Komitee habe die Spiele nur seinem Hauptsponsor zuliebe nach Atlanta gegeben. Auch 2008 in Peking war Coca-Cola allgegenwärtig, um allen menschenrechtlichen Bedenken zum Trotz seine Botschaft auf dem chinesischen Milliardenmarkt zu verbreiten.

Um Inszenierung geht es auch an diesem Wochenende, wenn Coca-Cola-Mitarbeiter in ganz Deutschland unterwegs sind, um die Menschen mit 1,25 Millionen Gratis-Getränken zu beglücken. Am Sonntag soll es angeblich genau 125 Jahre her sein, dass der Apotheker John Pemberton Kokablätter und Kolanüsse mit ein paar Aromen mischte, den Sirup mit Sodawasser auffüllte und später als Medizin gegen Kopfschmerzen und Müdigkeit verkaufte. Nach Pembertons Tod kaufte der Drogist Asa Candler das Rezept und gründete die Coca-Cola Company. Die überzog das 20. Jahrhundert mit einem beispiellosen Werbefeldzug und einem klugen Vertriebssystem. Produziert wurde das Getränk von selbstständigen Abfüllern, die mit den Getränkehändlern und Kneipiers vor Ort vertraut waren und von der Firma nur den Sirup kauften, dessen Rezept bis heute in einem Tresor liegen soll. Der Boxer Max Schmeling erwarb als einer der ersten die Lizenz und machte die Cola in Deutschland bekannt. Ex-Coke-Präsident Robert Woodruff rief in den 20er Jahren die Parole aus, eine Coca-Cola dürfe nie länger als eine Armeslänge entfernt sein. Dass ein Nachfolger die Brause durch die amerikanischen Wasserhähne fließen lassen wollte, gehört aber wohl in den Bereich der Mythen, die mit zur Markenbildung beigetragen haben.

Warum kaufen Menschen Marken? „Aus Angst“, sagt Henning Rossa. Jeder habe Angst, das Falsche zu tun, zu kaufen oder zu trinken, nicht nur, weil er der Qualität eines unbekannten Produktes nicht vertraut, sondern auch, weil die Marke ein Signal die Außenwelt sendet und damit ein menschliches Grundbedürfnis befriedigt: Den Wunsch nach Anerkennung. Andy Warhol, der die charakteristisch geschwungene Cola-Flasche in den Stand der Pop-Art erhob, formulierte es so: „Du weißt, dass der Präsident Coke trinkt, Liz Taylor Coke trinkt – und denk nur, auch du kannst Coke trinken.“

Heute ist das Produkt in fast allen Ländern der Welt präsent. Zu den wenigen weißen Flecken gehören Syrien, Myanmar und das kommunistische Kuba. Coca-Cola steht wie kaum ein anderes Produkt für den Siegeszug des Kapitalismus und den lässigen American Way of Life. Imperialistenbrause, sagten die Studenten in den Siebzigern und beklagten die Cocakolonisierung der Welt. Wie aggressiv der Konzern neue Märkte besetzt, zeigt das Beispiel Ost-Deutschland. Nach dem Fall der Mauer brach der Konzern mit dem Prinzip der selbstständigen Konzessionäre. Um die DDR-Bürger möglichst schnell und flächendeckend an den Geschmack von Coca-Cola zu gewöhnen, übernahm die Firma das Geschäft lieber selbst. Mit Erfolg. Bis heute ist Hauptkonkurrent Pepsico auf dem deutschen Markt weit abgeschlagen.

Die meisten deutschen Abfüller sind inzwischen in der Coca-Cola Erfrischungsgetränke AG mit Hauptsitz in Berlin zusammengeschlossen. Das Marketing steuert die Coca-Cola GmbH, eine hundertprozentige Tochter der Coca-Cola Company in Atlanta. Sie ist auch größter Aktionär der CCE AG. In Deutschland werden rund vier Prozent des weltweiten Geschäfts erwirtschaftet, es ist der fünftgrößte Markt weltweit.

Die Marke ist die Stärke des Konzerns, zugleich aber auch seine Schwäche. Zwar gehören heute auch Orangensaft, Mineralwasser oder Automatenkaffee zu Coca-Cola. Der Hauptumsatz wird aber nach wie vor mit Cola-Produkten gemacht. Das ist ein Risiko. Analysten wie Lars Lusebrink von Independent Research empfehlen deshalb auch nur, die Aktie zu halten, obwohl der Umsatz des Konzerns im ersten Quartal 2011 um fast 40 Prozent auf mehr als zehn Milliarden Dollar gestiegen ist. Besonders gut hat sich das Geschäft in den Schwellenländern in Eurasien und Afrika entwickelt, im satten Europa hingegen lag das Absatzwachstum bei einem schwachen Prozent.

Konkurrenz bekommt der Konzern nicht durch eine andere Mega-Marke, sondern durch das Gegenteil, die Bionade-Revolution. Die alternative Brause aus Ostheim an der Rhön hat es ohne teures Marketing geschafft, das Szene-Publikum mit der Botschaft zu überzeugen, eine geschmackliche wie ideologische Alternative zu sein. In ihrem Windschatten eroberten auch Sorten wie Afri-Cola oder Fritz-Cola den Prenzlauer Berg. Coca-Cola hat mal versucht, Bionade zu kaufen. Bionade hat abgelehnt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false