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Air Berlin hat sich, nicht zuletzt durch die Übernahme der LTU 2007, fast ruiniert.

© picture alliance / dpa

Codesharing von Etihad und Air Berlin: Auf die Lufthansa kann die Hauptstadt nicht bauen

Air Berlin ist vorerst gerettet - das ist gut so. Denn die Fluggesellschaft verbindet die Hauptstadt durch Direktflüge mit der Welt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Gerd Appenzeller

Wird es Air Berlin in einem Jahr noch geben? Die Antwort weiß nicht einmal der Wind. Immerhin steht jetzt fest, dass dieser Fluggesellschaft nicht schon am Sonntag das Lebenslicht ausgeblasen wird. Einer Fluggesellschaft, die nicht nur den Namen Berlins in die Welt hinausträgt, sondern die seit vielen Jahren die deutsche Hauptstadt in Direktflügen mit Destinationen auf anderen Kontinenten verbindet.

Das ist ja der tiefe Grund der Verbundenheit vieler Menschen in der Hauptstadt mit Air Berlin: dass sie uns das Gefühl gibt, nicht abgehängt zu sein, nicht auf München und Frankfurt angewiesen zu sein, wenn man etwas weiter weg will, in die USA zum Beispiel.

Am Sonntag tritt der neue Flugplan in Kraft. Er enthält zunächst weiter 65 gemeinsame Strecken von Air Berlin und Etihad, die im sogenannten Codesharing angeboten werden können. Das Bundesverkehrsministerium hatte sich beharrlich geweigert, 29 davon bestehen zu lassen. Etihad gelang es in letzter Stunde auf dem Rechtsweg, den Flugplan vorerst zu retten. Ohne die Fluggesellschaft der Vereinigten Arabischen Emirate, der VAE, gäbe es Air Berlin nicht mehr.

Etihad garantiert das Überleben der hoch verschuldeten Berliner allerdings nicht aus Liebe, sondern hat handfeste Interessen. Durch die gemeinsame Vermarktung der nur von einer der beiden Airlines geflogenen Strecken bekommt Etihad Zugang zu europäischen Destinationen über das geltende Luftverkehrsabkommen hinaus. Ob dessen Überarbeitung vom Verkehrsminister oder von den VAE blockiert wird, darüber streiten beide Seiten.

Die Golf-Airlines profitieren von massiven Staatszuschüssen

Dagegen wehrt sich die Lufthansa aus nachvollziehbaren Gründen. Sie steckt vermutlich auch hinter der Weigerung Verkehrsminister Alexander Dobrindts, die bisherigen Ausnahmegenehmigungen für Air Berlin und Etihad zu verlängern. Nun gibt es in dieser Geschichte nicht einfach Gute und Böse, sondern auf beiden Seiten richtige Argumente – von denen aber manche nur vorgeschoben sind. Air Berlin hat sich, nicht zuletzt durch die Übernahme der LTU 2007, fast ruiniert.

Etihad kam da als rettender Engel, dessen Aktivitäten von Lufthansa, British Airways und Air France mit Misstrauen beobachtet werden. Während die Europäer sich auf dem freien Markt bewähren müssen, profitieren die Golf-Airlines von massiven Staatszuschüssen, und mit Gewerkschaften haben sie sich auch nicht herumzuplagen.

Jetzt ist Lufthansa selbst in Nöten

Lufthansa hat Air Berlin lange als lästigen, am Ende jedoch nicht gefährlichen Konkurrenten hingenommen. Jetzt aber ist die Kranichlinie selbst in Nöten. Billigflieger wie Ryanair drängen in den deutschen Markt. Da hört vielleicht die Rücksicht auf. Dass Lufthansa sich auf die Drehkreuze Frankfurt und München konzentriert und überhaupt kein Interesse hat, Berlin noch zu einem dritten Hub auszubauen – verständlich.

Terminal 1 in München hatte im September 1989 Richtfest. Da dachte niemand, dass Deutschland ein Jahr später wiedervereinigt sein und Berlin sich als Drehkreuzalternative anbieten würde. Dass der CSU-Mann Dobrindt lieber den Standort München als Berlin stärkt – wen überrascht das?

Die Interessen von Berlin und Lufthansa sind eben nicht deckungsgleich, bei aller Wertschätzung. Unser Tor zur Welt öffnet Air Berlin – und vielleicht wäre das noch viel weiter offen, wenn der Pannenflughafen im Süden der Stadt seit drei Jahren in Betrieb wäre.

Die wichtigsten Fragen rund um den Streit um die Partnerflüge von Air Berlin und Etihad lesen Sie hier!

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