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Wirtschaft: Commerzbank-Chef Müller räumt auf

Milliardenverlust durch Neubewertung der Beteiligungen / Vorstand wehrt sich gegen Fusionsgerüchte

Frankfurt (Main) (ro). Der CommerzbankChef Klaus-Peter Müller will mit einem radikalen Schnitt das Frankfurter Geldinstitut von Altlasten befreien. Völlig unerwartet wertete Müller Tochtergesellschaften und Industriebeteiligungen der Bank um 2,3 Milliarden Euro ab. Die drittgrößte deutsche Privatbank rutscht dadurch tief in die roten Zahlen. Für das Gesamtjahr rechnet der Vorstand jetzt mit einem Verlust von zwei Milliarden Euro. Die Dividende wird gestrichen.

Die Commerzbank ist damit seit Mittwoch „eine neue, eine bessere Bank“, sagt Müller. Durch die Abschreibungen, die zu einem Verlust nach neun Monaten in Höhe von 2,2 Milliarden Euro führen, sinkt auch das Eigenkapital der Bank. Die Commerzbank kündigte deshalb gleichzeitig eine Kapitalerhöhung durch die Ausgabe von gut 53 Millionen neuen Aktien an. Diese schloss sie am Mittwoch abend ab – mit einem Erlös von rund 760 Millionen Euro. Vorstandssprecher Müller bewertet den Schritt als Befreiungsschlag, mit dem die Bank volle Dispositionsfreiheit zurückgewinne. Zugleich eröffne sich die Chance, dass die Commerzbank wieder selbst kleinere Übernahmen etwa im Privatkundengeschäft ins Auge fassen könne. „Die Maßnahme ist aber keine Vorbereitung für eine Fusion mit der Hypo-Vereinsbank. Das war nicht die Triebfeder“, sagte Müller in Frankfurt am Main. Branchenbeobachter halten jetzt allerdings eine Übernahme der Commerzbank für wahrscheinlicher. Die Bank sei attraktiver geworden, heißt es.

Nach Ansicht von Müller hat sich noch keine Bank in Europa freiwillig zu einer so umfassenden Bereinigung des Wertes von Beteiligungen durchgerungen. „Wir handeln aus freien Stücken, es gab keinen Druck, weder von der Bankenaufsicht noch vom Kapitalmarkt.“ Es gehe auch nicht darum, dass neue Löcher gestopft werden müssten. Dass die Bank gerade jetzt gehandelt habe, begründete Müller mit der Verbindung der Neubewertung mit der gleichzeitig notwendigen Kapitalerhöhung und der positiven Stimmung am Kapitalmarkt. „Die Bank kann jetzt unbelastet in die Zukunft blicken und schon 2004 unter dem Strich wieder schwarze Zahlen schreiben“.

Allein den Wert des Knapp-32-Prozent-Anteils an der gemeinsam mit Deutscher und Dresdner Bank 2002 gegründeten Hypothekenbank Eurohypo und der britischen Vermögensverwaltungs-Tochter Jupiter reduziert die Commerzbank um eine Milliarde Euro. Der Rest entfällt auf die Industriebeteiligungen bei Heidelberger Druck und Linde (je zehn Prozent) sowie bei MAN (6,8 Prozent). Den Zwei-Prozent-Anteil an T-Online hat die Bank mit einem größeren zweistelligen Millionengewinn verkauft.

Im eigentlichen Bankgeschäft ist das Institut profitabler geworden. Das operative Ergebnis lag nach neun Monaten bei 467 Millionen Euro, deutlich mehr als die 160 Millionen Euro im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Vor allem mit dem einst gescholtenen Privatkundengeschäft ist der Commerzbank-Chef zufrieden. Allein im dritten Quartal fiel dort ein Gewinn von 71 Millionen Euro an, in den ersten neun Monaten waren es 188 Millionen Euro. Der Abbau von Arbeitsplätzen geht weiter: Von derzeit rund 33 300 Jobs wird die Bank 2004 noch 1300 streichen. Dann aber reicht es Müller. „Weiter können wir unsere Personalkapazitäten nicht verringern, wenn wir nicht unsere enge Kundenorientierung verlieren wollen.“

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