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Nach der Übernahme der Dresdner Bank veränderte die Commerzbank 2010 ihr Logo. Nun steckt sie mitten im Umbau der Struktur.

© dpa

Commerzbank: Die Börse feiert das Kriseninstitut

Die Aktie der Commerzbank gewinnt mehr als 15 Prozent, wodurch sich der Börsenwert der Bank um gut eine Milliarde Euro erhöht. Die Anleger reagieren auf die jüngsten Geschäftszahlen.

Nein, für einen Wackelkandidaten, der kurz vor der Pleite steht, hält sich die Commerzbank auf keinen Fall. „Ich glaube nicht, dass wir in die ,Gefährdet‘-Kategorie gehören“, sagte Finanzchef Stephan Engels am Donnerstag in Frankfurt. Frisches Geld brauche Deutschlands zweitgrößte Bank nach zwei Milliarden-Kapitalerhöhungen vorerst nicht, beschwichtigte er, und für problematische Kredite habe man genügend vorgesorgt.

An der Börse machte sich daraufhin Erleichterung breit. Um fast 13 Prozent schoss die Commerzbank-Aktie nach oben – und das trotz der sehr dürftigen Zahlen für das zweite Quartal: Nur noch 43 Millionen Euro Gewinn standen unter dem Strich für die Zeit zwischen April und Ende Juni. Der Börsenwert stieg damit über Nacht um eine knappe Milliarde – und das nur, weil das Institut nicht mit weiteren Problemen schockte. „Die Erwartungen bei dieser Bank hängen so niedrig, dass alle Zahlen, die nicht super- schlecht ausfallen, für Aktieneindeckung sorgen“, sagte Ingo Fromm von der Landesbank Baden-Württemberg. Seit 2008 hat das Papier mehr als 90 Prozent seines Wertes verloren.

Commerzbank-Vorstandschef kann keine großen Versprechungen machen

Große Versprechungen für das zweite Halbjahr konnte Vorstandschef Martin Blessing dennoch nicht machen. 2013 sei ein „Jahr des Übergangs“, befand er. Die niedrigen Zinsen, „saisonale“ Effekte sowie steigende Risikovorsorge würden die Erfolge des Geschäftsmodells überdecken. Allein eine halbe Milliarde kostet bis 2016 der Abbau von 5200 Stellen. Eine konkrete Prognose sparte sich Blessing. Möglicherweise muss die Bank auch für das gesamte Jahr einen Nettoverlust hinnehmen. Weil zu Jahresbeginn rote Zahlen gestanden hatten, fuhr die Commerzbank im ersten Halbjahr einen Nettoverlust von 51 Millionen Euro ein. Die Aktionäre der Bank, allen voran der Bund mit seinen 17 Prozent, dürften davon nicht begeistert sein. „Wir nehmen in Kauf, dass einzelne Maßnahmen mit einmaligem Restrukturierungsaufwand und höherer Risikovorsorge verbunden sind“, vertröstete sie Blessing auf das kommende Jahr.

Commerzbank muss sich mit Turbulenzen im normalen Kreditgeschäft herumschlagen

Zusätzlich zu den eigenen Problemen mit dem Portfolio aus maroden Schiffskrediten und Hypothekengeschäften muss sich die Bank jetzt auch noch mit Turbulenzen im normalen Kreditgeschäft herumschlagen. Allein im zweiten Quartal gab es Ausfälle in Höhe von mehr als einer halben Milliarde Euro, auch im Mittelstand. Finanzvorstand Engels sprach von Einzelfällen, nannte aber keine Namen. Bekannt ist, dass die Commerzbank von der Insolvenz der Baumarktkette Praktiker betroffen ist und auch Folgen der Pleite der US-Autostadt Detroit zu tragen hat, der sie mehr 310 Millionen Euro geliehen hat.

Die einzige Sparte, die den Managern Freude bereitete, war das Investmentbanking, hier verdiente die Commerzbank immerhin 524 Millionen Euro. Früchte trägt auch der Umbau des Privatkundengeschäfts, netto stieg die Zahl der Kunden im ersten Halbjahr um 100 000. Wie ein Klotz hängt der Bank aber die Abwicklungssparte für faule Schiffs-, Immobilien- und Staatskredite am Bein: Das Portfolio konnte seit Januar zwar um 15 Milliarden auf 136 Milliarden Euro reduziert werden. Das brachte der Bank aber Verluste in Höhe von 470 Millionen Euro.

Weitere Einbußen drohen durch die geplante Verringerung des Vorstandes

Weitere Einbußen drohen durch die geplante Verringerung des Vorstandes um zwei Manager und in der ersten und zweiten Führungsebene unterhalb der Konzernspitze. Hier werden nach Einschätzung von Beobachtern millionenschwere Abfindungen fällig. Die Verträge von Jochen Klösges und Ulrich Sieber, die möglichst bald aus dem Vorstand ausscheiden sollen, waren erst 2012 um fünf Jahre bis Mai 2017 verlängert worden.

Bis die Bank das schwierige Fahrwasser verlässt, dürfte es laut Blessing noch einige Zeit dauern. „Wir sind auf dem richtigen Weg, aber bis 2016 sind sicher noch viele Schritte zu gehen“, sagte Blessing. Das betrifft, wie so oft bei Schieflagen von Unternehmen, auch die Beschäftigten. In Deutschland schrumpfte die Zahl der Mitarbeiter binnen Jahresfrist um 1500 auf nur noch 43 100.

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