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„Zutiefst geehrt“. Léo Apotheker (57) zeigte sich überrascht von seiner Berufung an die HP-Spitze. Der in Aachen geborene Manager hat 20 Jahre bei SAP gearbeitet.

© dpa

Computerindustrie: Ein Deutscher führt Hewlett Packard

Ex-SAP-Chef Léo Apotheker rückt überraschend an die Spitze des größten Computerherstellers der Welt. Der Neue soll den US-Konzern Hewlett Packard aggressiver machen.

Berlin - Er denkt strategisch, er begeistert sich für Technologien, er ist international erfahren und er kann sich durchsetzen. Das Profil von Léo Apotheker sei „genau das, was wir von einem Chef erwarten“, sagte am Freitag Robert Ryan, Verwaltungsratsmitglied von Hewlett Packard (HP). Der größte Computerhersteller der Welt aus dem kalifornischen Palo Alto hatte zuvor für eine Überraschung gesorgt: Apotheker, der 57-jährige Manager aus Deutschland, bis Februar dieses Jahres Vorstandschef von SAP, rückt am 1. November an die HP-Spitze.

Nachdem sein Vorgänger, Mark Hurd, über eine Sex- und Spesen-Affäre gestolpert war, soll Apotheker das Unternehmen im harten Wettbewerb der Computerbranche schlagkräftiger machen. Hurd wechselte inzwischen zum Software-Riesen Oracle – dem härtesten Konkurrenten von SAP. HP will sein Angebot über Computer und Drucker hinaus erweitern und zusätzlich Software und Dienstleistungen anbieten. Kürzlich übernahm HP den Datenspeicher-Anbieter 3PAR und den angeschlagenen Smartphone-Hersteller Palm. „Kein Unternehmen ist so gut wie HP aufgestellt, um den derzeitigen revolutionären Wandel auf dem Markt voranzutreiben – und davon zu profitieren“, sagte Apotheker am Freitag. Er fühle sich „zutiefst geehrt“. Auch dem Verwaltungsrat des Konzerns wird er angehören. Beobachter wurden von der Personalentscheidung überrascht, weil sie mit einer Besetzung aus den Reihen des Computerkonzerns gerechnet hatten. Auch die Rekrutierung eines Deutschen ist für ein großes US-Unternehmen ungewöhnlich. Nur wenige Top-Manager aus Deutschland haben bislang in der US-Wirtschaft Karriere gemacht (siehe Kasten).

„Die Entscheidung ist ungewöhnlich“, sagte Tiemo Kracht, Geschäftsführer der Personalberatung Kienbaum Executive Consultants, dem Tagesspiegel. „Es gibt nur eine überschaubare Zahl von deutschen Top-Managern in internationalen Konzernen.“ Dies ändere sich langsam, weil die Ausbildung von Managern in Deutschland und deren Karrieren immer internationaler würden. „Früher fand die Ausbildung in der nationalen Komfortzone statt – heute orientiert sich das Spitzenpersonal auf dem globalen Arbeitsmarkt“, sagte Kracht.

HP will nicht zuletzt von den Kenntnissen profitieren, die Léo Apotheker beim deutschen SAP-Konzern erworben hat. Beide Unternehmen arbeiten seit langem eng zusammen. Apotheker, der fünf Sprachen spricht, war 20 Jahre lang bei dem Walldorfer Dax-Konzern beschäftigt. Im Februar war er nach weniger als einem Jahr vom Posten des Vorstandssprechers zurückgetreten. Von April 2008 ab hatte er zunächst gleichberechtigt neben Henning Kagermann als Konzernchef agiert, von Mai 2009 bis Februar 2010 führte er das Unternehmen allein. In die Zeit des durchaus umstrittenen Managers fielen Verzögerungen bei der neuen SAP-Mittelstandssoftware sowie eine Revolte von Kunden gegen geplante Preiserhöhungen. Mitarbeiter sagten ihm einen zu schroffen Führungsstil nach. Nach Differenzen mit SAP-Gründer Hasso Plattner nahm Apotheker seinen Hut.

Der als direkt geltende Manager bringt eine Eigenschaft mit, die laut Tiemo Kracht in US-Konzernen geschätzt wird: Entscheidungsfreude. „Deutsche Manager, die von der Mitbestimmung geprägt sind, haben international häufig den Ruf, sehr konsensorientiert zu sein“, sagt der Personalberater. Dies sei mit der angelsächsischen Unternehmenswirklichkeit nicht kompatibel.

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