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Computermesse: Cebit auf der Suche nach Profil

Die Cebit will Fachbesucher ebenso ansprechen wie den Verbraucher. In diesem Jahr werden allerdings weniger Aussteller als 2009 erwartet.

Berlin - Weniger Aussteller, ungenutzte Hallen und diesmal wird auch Arnold Schwarzenegger nicht kommen, um der Ausstellung Glanz zu verleihen. Kurz: 2010 wird ein schwieriges Jahr für die Hightech-Messe Cebit. Denn es bleiben nicht nur immer mehr Unternehmen weg, auch die, die kommen, fragen sich verstärkt, ob sich der Messeauftritt überhaupt lohnt. Viele werfen der Cebit vor, dass es ihr an einem klaren Profil fehlt. Für das kommende Jahr ist einmal mehr ein neues Konzept angekündigt. Doch die Frage ist, ob die Unternehmen der Cebit dann noch einmal eine Chance geben. 2010 kommen noch 4200 Aussteller und damit etwa 100 weniger als 2009.

„Dieses Jahr ist ein entscheidendes Jahr“, sagt Katja Mehl, Marketingleiterin von SAP Deutschland, Schweiz und Österreich. „Die Cebit muss nicht nur zeigen, dass die Hallen voll werden, sondern wir müssen Transparenz darüber schaffen, wer wirklich dort war und was es den Unternehmen am Ende gebracht hat. Davon wird abhängen, ob Aussteller in Zukunft in die Cebit investieren.“

Dabei gibt SAP der Cebit wirklich eine Chance, denn Europas größter Softwarekonzern wird in diesem Jahr in insgesamt fünf Hallen vertreten sein und damit stärker als je zuvor. Auch die hauseigene Kundenmesse SAP World Tour findet im Rahmen der Cebit statt. Hierfür ist die Cebit 2010 der richtige Ort. „Die Cebit ist die einzige Plattform in Europa mit dieser hohen Öffentlichkeitswirksamkeit“, sagt Mehl. Dennoch sieht die SAP-Managerin Verbesserungspotenzial: „Ich erwarte, dass die Messe noch stärker in neue Medien investiert und klare Kommunikationskonzepte entwickelt. Die Ansprache der Besucher muss innovativer werden.“

Mehr Besucher oder lieber weniger Besucher, dafür aber mehr Fachpublikum – das ist nur eines der langjährigen Streitthemen. Im Rekordjahr 2000 strömte eine Dreiviertel Million Menschen auf das Messegelände in Hannover, um die neuesten Handys, Computer oder Software anzuschauen. Viele Aussteller störte der Trubel beim Gespräch mit ihren Fachhändlern. Dann versuchte der Veranstalter, die Deutsche Messe Hannover, die Massen draußen zu halten. Im vergangenen Jahr kamen nur noch 400 000 Menschen, so wenige wie 1990. Das gefiel anderen Unternehmen nicht, die die Verbraucher ansprechen wollten. Viele von ihnen präsentieren ihre Neuheiten inzwischen lieber auf der Internationalen Funkausstellung Ifa im September in Berlin oder auf der Unterhaltungselektronikmesse CES in Las Vegas. Die Mobilfunkfirmen treffen sich zu ihrer Branchenmesse in Barcelona. Auch die Anhänger von Computerspielen besuchen andere Events.

Darauf stellen sich die Aussteller ein: zum Beispiel die Deutsche Telekom. Sie hat ihren Cebit-Messestand umgestaltet und richtet ihr Augenmerk diesmal stärker auf Geschäftskunden. So findet auch zum ersten Mal keine große Pressekonferenz zu Produktneuheiten für Privatkunden statt. „Die Ifa ist für uns eine wichtige Messe“, erklärt ein Sprecher. Und zur Cebit sagt er: „Wir sehen uns an, in welche Richtung die Messe geht.“ Die Cebit sei zu einer Art Gemischtwarenladen geworden, kritisiert ein Vertreter der Branche. Ganz zu Beginn war sie ein Teil der Industriemesse in Hannover. Als Informationstechnik immer wichtiger wurde, entstand 1986 eine eigene Messe. Längst haben Computer und Telekommunikation alle Lebensbereiche erfasst. Doch die Orientierung an den Anwendern fehlte der Cebit. „Connected World“ heißt diesmal das Schwerpunktthema der Messe. Damit verbunden ist der Versuch, wieder ein größeres Publikum anzusprechen – ohne die Fachbesucher zu vergraulen.

„Dieser Spagat ist nicht ganz einfach“, sagt Johannes Nill, Geschäftsführer von AVM in Berlin. Nill ist bisher bei allen 23 Cebits dabei gewesen. AVM ist in Deutschland Marktführer bei DSL-Endgeräten. Auf der Cebit zeigt AVM unter anderem neue Möglichkeiten der Heimvernetzung – wie man zum Beispiel zu Hause mit seinem Smartphone über das Festnetz telefonieren kann. „Für uns ist die Cebit als weltweit größte Hightech-Messe immer noch eine wichtige Plattform“, sagt der Berliner Mittelständler. Aber auch er meint, dass sich die Messe stärker auf Schwerpunkte konzentrieren sollte. Positiv beurteilt es das begleitende Konferenzprogramm, dass die Messe kontinuierlich ausbaut. „Das ist eine wichtige Abrundung“, sagt Nill. Er findet, die Cebit sei auf dem richtigen Weg.

Der Chipkonzern Infineon, einer der wenigen deutschen Hersteller, den es in der IT-Branche noch gibt, sieht das anders. Infineon stellt seit Jahren nicht mehr auf der Cebit aus, sondern schickt nur Repräsentanten. Seine Kunden könne das Unternehmen „durch einen eigenen Messeauftritt auf anderen internationalen Industriemessen noch zielgerichteter ansprechen“, sagte ein Sprecher.

Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer des Hightech-Verbandes Bitkom, sieht Handlungsbedarf, aber keinen Grund für Hektik. Immerhin halten Branchengrößen wie IBM, Microsoft oder SAP Hannover die Treue. „Ich ziehe den Hut, dass es gelungen ist, die Ausstellerzahl auf der Cebit hoch zu halten – auch qualitativ.“ Nach wie vor gebe es weltweit keine vergleichbare Veranstaltung in dieser Güte. „Ich sehe keinen Anlass daran zu zweifeln, dass sich das Geschäft auf der Messe auf dem Niveau des Vorjahres bewegen wird, genau wie der Markt“, fügte Rohleder hinzu.

2009 nahmen die Aussteller Aufträge für rund 14 Milliarden Euro in die Bücher. Rohleder ist überzeugt, dass es der Messe mit dem neuen Konzept im kommenden Jahr gelingen wird, ihr Profil zu schärfen. Gerade hat die Messe auch ein Online-Vermarktungsunternehmen gegründet, dass Anbieter und Nachfrager auch im Internet zusammenbringt. Und 2011 soll sich die Cebit dann klar in vier Bereiche gliedern: für professionelle Anwender, für den öffentlichen Sektor, für den Verbraucher und für die Forschungsinstitute.

Vielleicht kommt dann auch Arnold Schwarzenegger wieder nach Hannover. Schließlich versprach der kalifornische Gouverneur im vergangenen Jahr: „I’ll be back.“

HANNOVER

2. bis 6. März 2010

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