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Wirtschaft: "Conversion-Weekend" fordert die Spezialisten

FRANKFURT (MAIN) .Ruhe scheint das oberste Gebot zu sein.

FRANKFURT (MAIN) .Ruhe scheint das oberste Gebot zu sein."Alles läuft nach Plan.Es gibt keine Probleme." Egal ob Deutsche, Dresdner, Commerzbank oder auch die Bankgesellschaft in Berlin, die Antwort der Sprecher ist an diesem langen Wochenende stets die gleiche.Die Umstellung auf den Euro laufe reibungslos.Etwas Unruhe nur bei der Bankgesellschaft, die den Ärger einiger S-Card-Besitzer oder Fremdkunden besänftigen mußte: In der Silvesternacht spuckten die Geldautomaten der Sparkassen nur für die hauseigenen EC-Kartenbesitzer Bares aus."Das war keine Panne.Wir haben das lange vorher angekündigt, an den Automaten waren überall Hinweise angebracht", sagt ein Sprecher."Jetzt läuft alles wieder normal." Doch die echte Bewährungsprobe steht erst bevor.Am 4.Januar frühmorgens müssen alle Programme, alle Wertpapiere, alle Konten, die auf Wunsch der Kunden umgestellt werden sollen, auf den Euro umgepolt sein.

Seit zwei Jahren, zum Teil auch schon länger, haben sich die Banken auf das sogenannte "Conversion Weekend" und die erste Euro-Woche vorbereitet.Eine falsche Zahl, ein falscher Knopfdruck und ganze Systeme laufen aus der Bahn - mit möglicherweise unabsehbaren Folgen für die Geldmärkte, vielleicht auch für einzelne Unternehmen."Wenn alles wie geplant läuft, reichen uns vier Tage", sagt Peter Wolf-Köppen, Euro- Koordinator der Commerzbank."Aber bei Fehlern wird es knapp".Dabei haben die Geldhäuser und die Europäische Zentralbank (EZB) in Frankfurt noch Glück, daß es ein langes Wochenende ist und nicht allein der Neujahrstag zur Verfügung steht.Jede Bank hat versucht, in Testläufen letzte Schwachstellen auszumachen.Die EDV-Systeme sind allerdings so komplex, daß sich ein alle Bereiche abdeckender Test nicht realisieren ließ."Dann hätten wir unsere Hardware duplizieren müssen", sagt Wolf-Köppen.Bei der BHF Bank war Ende November Generalprobe."Das ist eigentlich gut gelaufen", sagt Christian Thomczyk, Leiter der Projektgruppe Europäische Währungsunion (EWU).Auch bei der Deutschen Bank ist man sicher, daß nichts schiefgeht."Alles läuft nach Plan", meldet Pressesprecher Detlev Rahmsdorf.

Bei der - demnächst auch weltweit - Nummer eins der Geldbranche dürfte der Aufwand am größten sein.Alle betroffenen Bankprodukte sollen global ab dem ersten Eurotag in der neuen Währung gehandelt werden können.2000 Mitarbeiter müssen deshalb rund um den Globus am "Conversion Weekend" ran.Mehr als 1200 Anwendungen werden geändert, 717 Fremdsoftware-Programme umgestellt, die Konten von 150 000 "Electronic-Bank"-Kunden müssen umgepolt werden.Rechnet man die gesamte Vorbereitung dazu, werden die Mitarbeiter der Deutschen Bank 1275 Mannjahre für die Umstellung der Geschäfte auf den Euro geschuftet haben - so als ob 1275 Beschäftigte ein Jahr lang ohne Unterbrechung durchgearbeitet hätten.Stolze 500 Mill.DM kostet die Euro-Umstellung Deutschlands größte Bankhaus.Geld, das der Euro erst mal wieder einspielen muß.

Auch kleinere Banken, wie etwa die BHF-Bank, sind voll ausgelastet.200 bis 300 Mitarbeiter sind im Rechenzentrum des Geldhauses an diesem Wochenende im Einsatz.Weil mit allen Eventualitäten gerechnet werden muß, hat Euro-Koordinator Thomczyk in einem nahegelegenen Hotel etliche Zimmer reservieren lassen, damit sich die Banker zwischendrin ausruhen können."Das ganze ist eine riesige logistische Herausforderung." Bis zu 7000 Wertpapiergattungen müssen "redenominiert", also umgestellt werden.Dies und die Änderung von Kontendaten ist zwar auf den ersten Blick nur ein maschineller Vorgang.Aber schon bei der Eingabe des Euro-Kurses gilt bei der BHF Bank das Sechs-Augen-Prinzip.

Nicht nur Commerzbanker Wolf-Köppen hält das Umstellungs-Wochenende für eine spannende, aber nicht die spannendste Phase."Die beginnt am 4.Januar, wenn die Bank im Alltag ihre Euro-Tauglichkeit beweisen muß".Am Abend des 4.Januar weiß man, ob die Systeme fehlerfrei arbeiten.Für die gesamte erste Euro-Woche haben alle Banken Notfallpläne aufgestellt.Erst am 8.Januar abends hat das Zittern wirklich ein Ende.

Grund zum Zittern gibt es nach Auffassung von Insidern auf jeden Fall.Bei keiner Bank seien die Tests ohne Probleme abgelaufen.Außerdem: Es geht nicht nur um die eigenen Systeme.Die Finanzwelt ist grenzüberschreitend so stark vernetzt, daß ein Fehler in einem anderen Haus auch das System der eigenen Bank lahmlegen kann.Ein Tippfehler in Portugal, eine Computerpanne in Belgien oder die Eingabe eines falschen Euro-Kurses in Rom können fatale Konsequenzen haben.

Daß dies auf keinen Fall passiert, will die Europäische Zentralbank (EZB) verhindern.Auch hier gilt für das Umstellungswochenende: Dienst rund um die Uhr.100 Leute sind im Eurotower zugegen, etliche stehen in Rufbereitschaft.Auch die EZB und die nationalen Notenbanken müssen ihre Systeme umstellen, damit die Geldversorgung ab 4.Januar reibungslos klappt.Die Tests für das Zahlungsverkehrssystem Target, das zugleich auch für die sichere Verteilung des Zentralbankgeldes in der EWU sorgen soll, wurden am 16.Dezember abgeschlossen.Probleme kann es trotzdem geben, schließlich laufen in Europa drei Zahlungsverkehrsysteme nebeneinander, eines von der Bundesbank und eines von privaten Banken.Die EZB muß gemeinsam mit den nationalen Notenbanken auch darauf achten, daß die Umstellung bei den wichtigsten Banken glatt läuft.Und wenn es Probleme gibt, die nötige Hilfe leisten.Die Geburt des Euro soll schließlich reibungslos über die Bühne gehen.

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