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Wirtschaft: Copyright: Streit um Internet-Seiten von Harry-Potter-Fans

Viele Harry-Potter-Fans dürften die größte Gefahr für den zaubernden Jungen nicht mehr im finsteren Lord Voldemorl sehen, sondern im Filmstudio Warner Brothers. Im Internet sind tausende inoffizieller Webseiten über die populäre Hauptperson der Kinderbuchserie aus dem Boden geschossen.

Viele Harry-Potter-Fans dürften die größte Gefahr für den zaubernden Jungen nicht mehr im finsteren Lord Voldemorl sehen, sondern im Filmstudio Warner Brothers. Im Internet sind tausende inoffizieller Webseiten über die populäre Hauptperson der Kinderbuchserie aus dem Boden geschossen. Nun fordert das Filmstudio die Abtretung der Domain-Namen, weil die Fan-Webseiten gegen das Urheberrecht verstießen. Das zu Time Warner gehörende Filmstudio Warner Brothers, das gerade Harry Potter verfilmt, hat von der Buchautorin Joanne K. Rowling die Markenrechte an den Charakteren erworben.

Die 15-jährige Claire Field aus Großbritannien erhielt vor wenigen Wochen einen Brief von der Londoner Rechtsabteilung von Warner Brothers, in dem sie zur Übertragung des Domain-Namens www.harrypotterguide.co.uk aufgefordert wurde. Wie ihr Idol rebellierte das Mädchen. Sie schickte der Zeitung "The Mirror" eine E-Mail. Nicht nur das Boulevardblatt berichtete über den Fall, auch das britische Online-Nachrichtenmedium "The Register" griff die Geschichte auf, und bald verbreitete sie sich im Web. Jugendliche und Erwachsene aus aller Welt drängen nun Claire Field zur Gegenwehr.

Hollywood-Filmstudios schieben immer wieder Fan-Websites einen Riegel vor, weil deren aus populären Filmen und Fernsehsendungen entnommenen Domain-Namen und Figuren gegen ihre geschützten Rechte verstoßen. Allerdings haben die Studios in einigen Fällen die unautorisierte Nutzung ihrer Handelsmarke und ihrer Copyrights erlaubt, solange die Webseite von einem Fan und nicht gewinnorientiert ist.

Nun hat Warner Brothers mit seinem scharfen Durchgreifen viele Harry-Potter-Fans gegen sich aufgebracht, denn neben Claire Field haben hunderte von Fan-Website-Betreibern Briefe erhalten. Die 15-jährige Christie Chang aus Singapur hat sogar zwei bekommen. In einem steht, sie verstoße wegen der Abbildung verschiedener Harry Potter-Figuren gegen das Copyright. Im anderen Brief verlangen die Rechtsanwälte des Filmstudios von ihr, sie solle den auf ihren Namen registrierten Domain-Namen www.harrypotternetworknet sofort überschreiben und Kontakt mit dem Büro in Beverly Hills, Kalifornien, aufnehmen. Christie Chang, die auch eine E-Mail-Adresse auf den Namen der einzigen asiatischen Figur bei Harry Potter - Cho Chang - hat, nutzt nach eigenen Angaben den betreffenden Domain-Namen gar nicht, weil er ihr nicht gefällt. Stattdessen findet man ihre Fan-Website unter www.hpnetwork.f2s.com . Trotzdem hat Christie Chang die meisten Abbildungen von der Seite entfernt.

Was sagt das Filmstudio selbst? Die Versendung solcher Briefe sei üblich, heißt es bei Warner Brothers. Er bedauere, wenn Fans die Absichten von Warner Brothers missverstünden, sagt Nils Montan, Rechtsanwalt für Urheberrechtsfragen und für das Filmstudio tätig. Das sei vor allem der Fall, wenn es sich um Teenager wie Christie Chang oder Claire Field handle, auf deren lebhafter Website ein Chatroom, mehrere Quiz und ein Wörterbuch mit Zaubersprüchen und -getränken zu finden sind. Aber, fügt er hinzu, das Unternehmen könne nicht wissen, ob die Betreiber zehn oder 40 Jahre alt seien und ob ihre Zukunftspläne der Marke Harry Potter schaden würden.

In einigen Fällen hätten die Web-Betreiber versucht, mit dem potenziell wertvollen Namen einen schnellen Gewinn zu machen, sagt Rechtsanwalt Montan. Es laufe bereits ein Verfahren gegen jemanden, der fast 60 Domain-Namen auf seinen Namen eintragen ließ. Warner Brothers könne es sich nicht leisten, die Hände in den Schoß zu legen. Das Unternehmen habe bereits den Aufwand und die Kosten auf sich genommen, an die 2000 Rechte zu erwerben für erfundene Begriffe wie Quidditch - ein Hockey ähnelnder Sport, der aber von Zauberern auf Besenstielen in der Luft gespielt wird - oder Hogwarts, der Name der Zaubererschule, auf die Harry Potter geht. Juristisch gesehen könnte das Filmstudio später eine schwächere Position haben, wenn es jetzt großzügig über die Verletzung seiner Rechte hinwegsehe, so Montan. Dennoch versuche Warner, nicht zu streng zu sein.

Claire Field hat einen anderen Eindruck. Der Teenager erschrak über den knappen Brief, den er am 2. Dezember erhielt. Darin stand, Joanne K. Rowling und Warner Brothers befürchteten, der Domain-Name von Claire Field würde Verwirrung unter den Verbrauchern stiften und die Urheberrechte des Filmstudios verletzen. Sie habe 28 Tage Zeit, den Domain-Namen an Warner Brothers zu übertragen. "Wenn wir von Ihnen bis zum 15. Dezember 2000 nichts hören, werden wir den Fall an unsere Rechtsanwälte übertragen", schloss der Brief.

Am nächsten Tag bat Claire Field den Internet-Herausgeber von "The Mirror" um Hilfe: "Ich verstehe nicht, warum ein 15-jähriges Schulmädchen solch eine Bedrohung für ein internationales Unternehmen wie Warner Brothers sein soll." Nachdem das Boulevardblatt über den Fall berichtet hatte, nahm die Warner-Brothers-Sprecherin Barbara Brogliatti mit Claires Vater Les Fields Kontakt auf, um die Wogen zu glätten. Doch der Ton im Briefverkehr wurde immer erbitterter. Field beschuldigt Brogliatti, ihn und seine Tochter in der Presse zu diffamieren. Brogliatti wiederum wirft der Familie vor, sie hätte sich nie an "The Mirror" wenden dürfen und schlägt vor, die Auseinandersetzung über Rechtsanwälte fortzuführen. "Wir versuchen mit allen Mitteln, zu einer Einigung zu kommen", sagt Brogliatti. Warner Brothers habe sogar erwogen, Claire Field eine kostenlose Lizenz für den Domain-Namen zu geben. Solange Warner Brothers das letzte Wort beim Inhalt hätte, dürfe Claire Field die Seite behalten.

Das Unternehmen habe nicht die Absicht, die Websites zu schließen, betont Warner Brothers. Nichtsdestotrotz verwirrt dieses Erwachsenengerede die Kids und führt bei einigen zu einer trotzigen Haltung. "Niemand wird mich dazu bewegen können, meine Seite zu schließen", sagt Christie Chang, deren Website täglich fast tausend Besucher von den USA bis Südafrika anzieht. "Höchstens vielleicht meine Eltern."

Stephanie Gruner, John Lippman

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