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Wirtschaft: Cromme will kämpfen

Thyssen-Krupp-Aufsichtsratschef muss auf Hauptversammlung zu Vorwürfen Stellung nehmen. Aktionärsschützer fordern Rücktritt.

Essen - Nach Milliardenverlusten und Affären haben beim Essener Stahlkonzern Thyssen-Krupp die Aktionäre das Wort. Bereits vor der Hauptversammlung am heutigen Freitag in Bochum ist Chefaufseher Gerhard Cromme in die Kritik geraten. Unter Berufung auf das Umfeld des Managers berichtet das „Handelsblatt“, der 69-Jährige wolle bei dem Aktionärstreffen um seinen Ruf kämpfen und zu allen Vorwürfen Stellung nehmen.

Aktionärsvertreter wollen eine namentliche Abstimmung über die Entlastung jedes einzelnen Aufsichtsratsmitglieds fordern, kündigten die Geschäftsführer der deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Marc Tüngler, und des Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre, Markus Dufner, an.

Bereits in der Vergangenheit war bei den Hauptversammlungen von Thyssen- Krupp namentlich über die Entlastung der einzelnen Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat abgestimmt worden. Im vergangenen Jahr waren alle Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat mit Quoten von deutlich über 90 Prozent entlastet worden. Aufsichtsratschef Cromme hatte eine Zustimmungsquote von 94,84 Prozent erhalten.

Die Entscheidung über eine personenbezogene Abstimmung für die einzelnen Aufsichtsratsmitglieder werde letztlich bei Cromme selbst liegen, sagte Dufner. Zu dem Treffen haben mehrere Aktionäre Gegenanträge eingereicht. Die DSW setzt sich dafür ein, die drei zum Jahresende ausgeschiedenen Vorstände sowie die Mitglieder des Aufsichtsrats vor Abschluss der noch laufenden Untersuchungen nicht zu entlasten.

„Das Eis wird langsam dünn, auf dem Herr Cromme sich bewegt“, sagte Dufner. Für den von den Kritischen Aktionären geforderten Rücktritt des Aufsichtsratsvorsitzenden könne jedoch nur der Chef der Krupp-Stiftung, Berthold Beitz, selbst sorgen. Die Stiftung ist mit einem Anteil von 25,3 Prozent wichtigster Einzelaktionär bei Thyssen-Krupp und verfügt über ein Entsenderecht für drei Mitglieder des Aufsichtsrats. Auch Cromme sitzt für die Stiftung im Aufsichtsrat. Vor diesem Hintergrund sei nicht damit zu rechnen, dass Cromme die Entlastung verweigert werde, sagte Dufner. Eine Zustimmungsquote von vielleicht 70 Prozent wäre bereits ein klares Votum gegen den Aufsichtsratschef.

DSW-Hauptgeschäftsführer Tüngler forderte Cromme auf, bei den anstehenden Aufräumarbeiten die „notwendige Bissfreudigkeit“ nicht vermissen zu lassen. „Wir erwarten von Herrn Cromme, dass er bei Thyssen-Krupp exakt die gleichen Maßstäbe anlegt wie bei Siemens, wo er unseres Erachtens sehr strukturiert aufgeräumt hat“, meinte Tüngler.

Im abgelaufenen Geschäftsjahr war der Stahl- und Anlagenbauer wegen hoher Abschreibungen auf zwei Stahlwerke in Brasilien und den USA tief in die Verlustzone gestürzt. Außerdem stand das Unternehmen wegen Kartellvorwürfen in den Schlagzeilen. Für das zum Verkauf stehende Stahlwerk in Alabama hat nach Informationen des „Wall Street Journals“ der weltweit größte Stahlkonzern ArcelorMittal ein Angebot von 1,5 Milliarden Dollar abgegeben. dpa

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